Um besser mit chronisch knapper Zeit umzugehen, sind jede Menge Herausforderungen zu meistern. Schlechte Gewohnheiten und Vermeidungsverhalten müssen genauso in den Griff bekommen werden wie Stress und Überforderung. Kurzum: es braucht jede Menge Willenskraft, um positive Veränderungen zu bewirken. Kelly McGonigal zeigt in ihrem Buch „Bergauf mit Rückenwind“ warum es immer wieder an dieser Fähigkeit hapert und wie man zum Willenskraft-Meister wird.
Inhalt
Willenskraft und Zeitmanagement: das dynamische Duo

Kelly Mc Gonigal zeigt, wie es mit Willenskraft aufwärts geht
Um Zeit besser zu nutzen, braucht es in der Regel eine Reihe von Veränderungen des Handelns. Techniken für mehr Effizienz sind schön und gut – sie müssen aber auch angewendet werden. Besser noch: in Fleisch und Blut übergehen.
Egal ob man sich vornimmt, das persönliche Zeitmanagement zu verbessern oder gesünder zu leben. Wie oft hat man sich vorgenommen, strukturierter zu sein, weniger zu rauchen und regelmäßig Sport zu treiben. Wäre da nur nicht das Problem des mit Superkräften ausgestatteten inneren Schweinehundes.
Ohne Willenskraft scheitert letztendlich jeder Versuch von Optimierung und Verhaltensänderung. Genau an diesem Punkt setzt Kelly McGonigal an: Willenskraft ist ein knappes Gut, aber es gibt Wege sie zu stärken und effizienter einzusetzen. Ihr Buch „Bergauf mit Rückenwind“ ist eine opulente Sammlung an Strategien, die jedem zu mehr Willenskraft – und ganz nebenbei zu einem klügeren Umgang mit Zeit – verhelfen werden!
Kelly McGonigal:
Werde Willenskraftforscher in eigener Sache!
„Erkenne dich selbst“ ist die zentrale Forderung von Kelly McGonigal. Denn nur wenn man erkennt, in welchen Situationen man schwach wird, kann man wirksame Gegenmaßnahmen einleiten. Um zum „Willenskraftforscher“ in eigener Sache zu werden, braucht es aber eine ordentliche wissenschaftliche Ausrüstung.
Das Buch liefert diese. Die Autorin doziert an der renommierten Stanford Universität und sieht sich selbst als Vermittlerin zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen aus den Bereichen der Psychologie sowie Neurowissenschaften und interessierten Laien. Denn wer möchte sich schon durch hunderte Seiten empirischer Studien kämpfen und am Schluss genauso klug wie zuvor sein?
„Strickmuster“ des Buches und die wichtigsten Thesen
„Bergauf mit Rückenwind“ ist aus einer Vorlesung der Autorin entstanden. Da die Vorlesung auf zehn Wochen ausgelegt war, sollte man sich auch für das Buch Zeit lassen. Umso mehr als es sich auch um ein Arbeitsbuch handelt, denn nur vom Lesen wird sich keine Steigerung der Willenskraft einstellen. Das erfordert nun mal üben, üben, üben!
Zwar zeigt das Buch ein buntes Panoptikum menschlichen Scheiterns. Nichtsdestotrotz wird der Leser so für die eigenen Fehler in puncto fehlgeschlagener Selbstregulation sensibilisiert und kann kluge Gegenmaßnahmen – die das Buch reichlich zu bieten hat – einleiten. In jedem Kapitel werden dem Leser zwei Arten von Aufgaben gestellt: „Unter dem Mikroskop“ und das „Willenskraft-Experiment“:
Unter dem Mikroskop

Genaue Betrachtung und Analyse des eigenen Verhaltens ist entscheidend
Der Leser schaut sich sein eigenes Verhalten in einer typischen Situation von Willenskraft-Herausforderung genau an:
- Wann gibt man am ehesten einer Versuchung nach?
- Wann kommt es zum Kontrollverlust zum Beispiel beim Kauf- oder Essverhalten?
- Welche Rahmenbedingungen haben in diesen Situationen geherrscht?
Es geht nicht darum, sich anschließend Vorwürfe wegen der eigenen Schwäche zu machen, sondern vielmehr darum, die zugrunde liegenden Mechanismen zu verstehen. Kelly McGonigal überlässt den mehr oder weniger verzweifelten Leser an dieser Stelle nicht im Stich. Da sich Willenskraft in mancherlei Hinsicht wie ein Muskel verhält, kann man sie auch trainieren. Die sogenannten Willenskraft-Experimente haben genau diese Aufgabe.
Willenskraft-Experiment

Zu wenig Willenskraft? Kelly McGonigal zeigt, was man dagegen tun kann!
Diese Experimente sind praktische Übungen, die immer aus einer wissenschaftlichen Studie oder Theorie abgeleitet wurden. Die Übungen wurden ebenfalls in der bereits erwähnten Vorlesung von den Studierenden ausprobiert und mussten sich somit schon oft dem harten Praxistest unterziehen. Es finden sich so unterschiedliche Experimente wie…
- …eine leicht zu erlernende, nur fünf Minuten dauernde Atemmeditation, die ein exzellentes Training für den präfrontalen Cortex (und somit die Selbstbeherrschung und auch Stress-Resistenz) darstellt.
- …wie ein simpler Selbstregulation-Work-out die Willenskraft insgesamt stärkt (z. B. bewusst gerade sitzen und die Beine nicht überkreuzen – das ist schon alles!).
- …wie man nächtliche Fressattacken durch ein paar „Gedenkminuten“ überwinden kann 😉
- …was ein sinkender Blutzuckerspiegel mit Kontrollverlusten zu tun hat.
Fazit:
Hervorragendes Arbeitsbuch
Eins muss klar sein: in „Bergauf mit Rückenwind“ sind keine Zauberformeln wie „positiv denken und alles wird (automatisch) gut“ oder „Bestellungen beim Universum“ zu finden.
Was jedoch in großem Umfang zu finden ist, sind aktuelle Erkenntnisse der Psychologie und Neurowissenschaften zum Thema Willenskraft. Auch gibt es reichlich für jeden anwendbare Methoden, um dem inneren Schweinehund seine Grenzen aufzuzeigen.
Ohne harte Arbeit und vor allem Analyse des eigenen Verhaltens gibt es keinen Erfolg. Um aber etwas Licht ins Dunkel unserer grauen Zellen zu bringen und Erfolg versprechende Strategien zu erhalten, ist McGonigals Buch eine hervorragende Wahl.