Falls du gerade ratlos vor einem Regal voller Ratgeber stehst, liefert dieser Beitrag einen ziemlich guten Ratschlag: Schluss mit positivem Denken und esoterischen Wunschkonzerten! Wer seine Träume verwirklichen will, wird um Einsatz und Arbeit kaum herumkommen. Wie du deine Wünsche durch die bewusste Konfrontation mit Problemen und Hindernissen realisierst, erfährst du hier.
Inhalt
Träume erreichen? Nur mit Realitätsbezug!
Wer von sich behauptet, wunschlos glücklich zu sein ist entweder zu beneiden oder ein Lügner. Für diesen Beitrag gehe ich davon aus, dass jeder Wünsche hat bzw. Träume verwirklich möchte. Und da du auf den Link geklickt hast, kann ich dich mit hoher Sicherheit zu dieser Gruppe zählen. Um was geht es konkret?
Im Beitrag dreht sich alles um die Frage, wie man Wünsche aus einer unrealistischen Traumwelt ins reale Leben holt. Wie bereits der Artikel über Positives Denken zeigte, ist es nicht besonders hilfreich, immer alles durch die rosarote Brille des Hardcore-Optimisten zu betrachten.
Wer die Realität dauerhaft ausblendet und sich in Luftschlössern häuslich einrichtet, gefährdet im schlimmsten Fall sogar seine Existenz. Träume und Fantasien, die mit der Realität rein gar nichts zu tun haben, können jede Menge Schaden anrichten: Sie haben lähmende Wirkung und blockieren die Potenziale der Träumer. Aber was soll man dagegen tun? Ist träumen ab sofort verboten?
Nein, natürlich nicht – aber man muss Träume immer auch geschickt mit der Realität verknüpfen. Wie das funktioniert erklärt Gabriele Oettingen in ihrem Buch Die Psychologie des Gelingens. Der Beitrag liefert eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte und eine Schnellanleitung der „WOOP-Methode“.
Wenn träumen schadet
Du kennst das sicher auch: All die guten Vorsätze, die ab morgen Realität werden sollen. Wie oft hast du dich durch Wunschträumen schon davon zu überzeugen versucht, ab morgen mehr Sport zu machen, die Ernährung umzustellen und allerlei aufgeschobene Dinge abzuarbeiten? So ein Verhalten wird in dem Song Morgen von Chima übrigens perfekt auf den Punkt gebracht.
Es ist natürlich verlockend, sich Wunschträume in den schönsten Farben auszumalen. Du stellst dir vor wie es wäre, wenn du schon 20 Kilo abgenommen hättest. Oder was du mit dem ganzen Geld des Traumjobs anfangen könntest. Dumm, dass dieser Job erst noch gefunden werden muss. Aber man wird ja schließlich noch träumen dürfen! Es schadet doch nicht – oder vielleicht doch?
Wenn Träume lähmen
Tatsächlich ist die Sache problematischer, als sie auf den ersten Blick erscheint. Träume, die mit der Realität nichts zu tun haben, sind sogar sehr oft schädlich. Es liegt auf der Hand: Die mit allerlei Wunschvorstellungen ausgeschmückte Zeit kann von dir nicht dazu genutzt werden, um dich deinen Zielen näherzubringen. Aber das ist nur die Spitze des Eisberges.
Ungewollte Nebeneffekte
Neben der ungenutzten Zeit sorgen unrealistische Wunschträume dafür, dass sie dich lähmen. Die positiven Gedanken sorgen für ein gutes Gefühl: Du entspannst dich und genießt die Aussicht auf eine verlockende Zukunft.
Fatalerweise hat diese selbst erzeugte Wohlfühlstimmung Nebenwirkungen. Man wird träge und lethargisch und schwächt sogar die Willenskraft. Alles in allem keine guten Rahmenbedingungen für produktives Handeln. Geschweige denn, Träume ins reale Leben zu übertragen.
In die Depression geträumt?
Im schlimmsten Fall kann es zu ernsten Problemen kommen. Damit sich die Situation verbessert, musst du in aller Regel aktiv werden. Sich bloß vorzustellen, dass „alles gut“ wird, steht aber im offensichtlichen Widerspruch zu der oft frustrierenden Realität, die man jeden Tag erlebt. Und dieser Widerspruch kann massive Krisen auslösen.
Man träumt von dem attraktiven, fitten Körper, um den man von allen beneidet wird. Der Blick in den Spiegel erinnert dann jedoch eher an eine Folge von „Mein Leben mit 300 Kilo“.
Oder man sieht sich vor dem geistigen Auge bereits in einer schicken Penthouse-Wohnung mit fantastischer Aussicht. Die Realität ist dann allerdings ein Wohnklo im Souterrain eines Mehrfamilienhauses.
Auch wenn die Widersprüche meist nicht ganz so extrem ausfallen dürften (hoffe ich wenigstens) ist die Diskrepanz zwischen Wollen und Sein sehr belastend. Sogar Depressionen kann sie verursachen bzw. verstärken. Frustration und Selbstvorwürfe sind nun mal keine guten Motivationsquellen.
Selbstbetrug durch unrealistische Träume
Exzessives und vor allem unrealistisches Träumen bewirkt, dass sich die Illusion festsetzt, ein Ziel bereits erreicht zu haben. Das sorgt dafür, nicht aktiv zu werden. Man verweilt lieber in Luftschlössern, als die tatsächliche gegebene Lebenssituation aktiv zum Positiven hin zu verändern.
Ein weiterer problematischer Punkt: Wer dauerhaft sich und die Welt durch eine rosarote Traumbrille betrachtet, handelt sich eine zunehmend verzerrte Realitätswahrnehmung ein. Ein faszinierender und zudem sehr beunruhigender Aspekt, wie ich finde.
Nehmen wir einmal an ich möchte ein erfolgreiches Business im Internet aufbauen. Weil ich die Sache ganz besonders intelligent angehen will, besorge ich mir zuerst einmal die Biografien von Jeff Bezos, Elon Musk und Steve Jobs.
Aber: Es bringt mir aber rein gar nichts, über die grandiose Zukunft als CEO in einem Milliardenschweren internationalen Konzern zu träumen, wenn ich noch nicht einmal einen rudimentären Businessplan auf den Weg gebracht habe. Besser ist es, zuerst eine Bestandsaufnahme zu machen.
- Was will ich? (Wünsche, Träume)
- Wo stehe ich? (reale Tatsachen)
- Was sind meine nächsten Schritte? (konkrete Handlungen)
Konkrete Sachbücher aus dem Themenkomplex Business und Karriere* dürften deutlich mehr Sinn machen, als die Biografien von absoluten Ausnahmeerscheinungen zu verschlingen – mögen die Herren auch noch so inspirierend sein 😉
Wer sich in eine ferne und zudem unrealistische Zukunft träumt, droht schnell jegliche Bodenhaftung zu verlieren. Selbstüberschätzung gibt es gratis dazu.
Träume realisieren mit mentalem Kontrastieren
Das Fazit bis hier lautet: Exzessives Wunschträume lähmt, frustriert und kann sogar depressiv machen. Das Problem liegt dabei in erster Linie am fehlenden Realitätsbezug.
Bevor ich die eigentliche Methode Schritt für Schritt vorstelle, möchte ich darauf hinweisen, dass Träume nicht per se schlecht oder negativ sind. Sie zeigen vielmehr, in welche Richtung unser Lebensweg gehen könnte.
Praktisch eine Form virtueller Wunsch-Realität, die Anhaltspunkte für Entscheidungen im „richtigen“ Leben liefert. Tagträume haben somit den Charakter eines sehr freien Brainstormings, in dem (erst einmal) alles möglich erscheint.
Aber es braucht mehr, um diese Träume „weiterverarbeiten“ zu können. Die Zauberformel nennt sich mentales Kontrastieren und bedeutet nichts anderes, als die erträumten Luftschlösser auf die harte Realität prallen zu lassen. Wie das im Einzelnen funktioniert, erfährst du im nächsten Textabschnitt.
WOOP im Detail
Damit es nicht zu den geschilderten negativen Auswirkungen kommt, braucht es eine ganz besonders große Portion Realität. Gabriele Oettingen hat eine wirkungsvolle Methode entwickelt, die dafür sorgt, dass jede deiner Wunschvorstellungen unmittelbar einem Realitäts-Check unterzogen werden. Die Methode nennt sich „WOOP“. Hier eine kurze Anleitung:
- WOOP bedeutet „Wish“:
Du setzt oder legt sich entspannt hin und visualisiert einen Wunsch. Egal ob aus dem Bereich Partnerschaft, Job oder Gesundheit: Alles ist möglich. Allerdings solltest du dich für den Anfang auf einen konkreten Wunsch beschränken. Der Wunsch sollte dir am Herzen liegen und auch eine gewisse Herausforderung darstellen. Auch solltest du dir überlegen, in welchem Zeitraum der Wunsch Realität werden soll. - WOOP bedeutet „Outcome„:
Hier geht es um das Ergebnis der Wunscherfüllung. Wie könnte das bestmögliche Ergebnis aussehen, welche Vorteile würde es bringen? Es ist wichtig, sich dieses optimale Ergebnis in allen Details auszumalen. - WOOP bedeutet „Obstacle„:
Jetzt kommt der entscheidende Punkt der dafür sorgt, dass sich die Wunschträume nicht zu stark verselbständigen können. „Obstacle“ bezieht sich nämlich auf die zu überwindenden Hindernisse. Was steht deinem beruflichen Erfolg oder deiner Olympiateilnahme im Weg?Hier braucht es die Bereitschaft, größtmögliche Objektivität gegenüber den eigenen Schwächen und Beschränkungen zu zeigen! Was hält wirklich von der Wunscherfüllung ab? Wie stehst du dir selbst im Weg? Harte Fragen, die ehrliche Antworten einfordern.
- WOOP bedeutet „Plan„:
Nachdem die größten Hindernisse ausfindig gemacht sind, wird überlegt, ob bzw. wie diese aus dem Weg geschafft werden können.Beispiel: Wenn ich mich um mein Trainingsprogramm herumdrücken will, dann schaue ich mir mindestens fünf Minuten das unvorteilhafte Bild an, auf dem ich wie ein Sumo-Ringer aussehe. Oder als Vorbeugende Maßnahme: Wenn ich im Supermarkt bin, dann mache ich bewusst einen Bogen um die Süßigkeitenabteilung.
Am Schluss erhält man einen Wenn-Dann-Plan für alle kritischen Situationen. Dieser bereitet auf alle denkbaren Hindernisse vor, die den Weg zum Ziel (= Wunscherfüllung) versperren könnten. Im Ernstfall ist man entsprechend gewappnet und weiß, was zu tun ist.
Noch ein paar Tipps zur praktischen Umsetzung
Für die Methode sollte es möglichst ruhig und ungestört sein; als Zeitaufwand sollten Anfänger etwa 15 bis 20 Minuten einplanen; später wird es auch in kürzerer Zeit funktionieren. Wenn du willst, kannst du alle wichtigen Punkte auch schriftlich notieren.
Am besten beginnst du mit einem wirklich intensiven, schon lange gehegten Wunsch. Mit solchen Wünschen setzt man sich vielleicht schon seit Jahren auseinander, was sich vorteilhaft auf Motivation und die praktische WOOP-Umsetzung auswirken dürfte.
Der Erfolg der Methode hängt auch davon ab, dass sie regelmäßig (ideal wäre täglich) praktiziert wird. Am besten reservierst du dir ein verbindliches Zeitfenster für WOOP.
Was bringt das Ganze?
Die Methode stellt eine Verbindung zwischen der Gegenwart und einer gewünschten Zukunft her. Diese Verbindung ist allerdings nur dann möglich, wenn die Chance zur Realisierung tatsächlich besteht.
WOOP ist deshalb ein Realitäts-Check für deine Wünsche. Zusätzlich entsteht ein Bewusstsein dafür, was dem Wunsch wirklich im Wege steht. Dieses Bewusstsein fördert die Motivation, aktiv zu werden. Wenn Hindernisse dann tatsächlich auftreten (und das werden sie) hat man sofort den „Plan“ für die richtige Reaktion zur Hand.
Im Idealfall läuft das alles mehr oder weniger automatisch ab und auch die Willenskraft erschöpft sich nicht so leicht. Insgesamt nehmen die Aussichten, Träume in Realität zu verwandeln mit WOOP deutlich zu. Ideal ist es, wenn du die Methode täglich übst.
Im Buch finden sich jede Menge Hintergrundinformationen und ein ausführliches Literaturverzeichnis. Besonders wertvoll sind die Tipps für die praktische Umsetzung, die anschaulich anhand von Beispielen vorgestellt werden.
Gabriele Oettingen ist Professorin für Psychologie an der Uni Hamburg und der New York University. Sie hat zahlreiche Studien zum Thema Motivation und Handeln durchgeführt. Dabei bestätigte sich immer wieder, dass positives Denken und Optimismus alleine nicht ausreichen um sich für Veränderungen zu motivieren. Nur wer die Hindernisse einbezieht, kann sich wirklich langfristig motivieren und das Leben zum Besseren verändern.