Die Hälfte des Jahres kann man das Wetter in Deutschland getrost vergessen. Ganz besonders das nass-graue Schmuddelwetter von November bis Februar schlägt vielen aufs Gemüt und findet zudem in der sprichwörtlichen Frühjahrsmüdigkeit Ausdruck. Die Ursache: Zu wenig Licht! Tatsächlich gibt es eine einfache und wirksame Möglichkeit um die Kollateralschäden der dunklen Jahreszeit zu minimieren: Tageslichtlampen kompensieren berufs- und wetterbedingten Lichtmangel.
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Tageslichtlampen gegen den Winterblues
Sehen wir uns die Sache aber zuerst einmal genauer an. Warum bewirkt monatelanger Sonnenentzug bei manchen Menschen Antriebslosigkeit oder sogar eine Winterdepression? Auf den ersten Blick will es nicht unbedingt einleuchten, dass zu wenig Licht die Ursache solcher Probleme ist. Schließlich ist künstliches Licht immer verfügbar. Wie sich aber zeigen wird, ist Licht nicht gleich Licht.
Müde durch Lichtmangel
Licht ist von großer Bedeutung für grundlegende Funktionen des Körpers. Besonders auffällig ist der Einfluss auf den Schlaf-Wach-Rhythmus. Das in der Zirbeldrüse gebildete Schlafhormon Melatonin sorgt mit dafür, dass wir abends müde werden.
Angestoßen wird dieser Effekt durch die abnehmende Helligkeit. Weniger helles Licht sorgt für einen steigenden Melatonin-Anteil im Blut; der Weg für erholsamen Schlaf ist gebahnt.
Was zur Nacht eine tolle Sache ist, wird in der dunklen Jahreszeit jedoch schnell zum Problem. Vor allem in Kombination mit den üblichen Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen. Viele Berufstätigen machen sich morgens bei völliger Dunkelheit auf den Weg. Die meiste Zeit wird in geschlossenen Räumen verbracht, um dann im Dämmerlicht der Straßenlaternen den Heimweg anzutreten.
Man könnte jetzt argumentieren, dass es am Arbeitsplatz mit all den Neonröhren doch ausreichend hell ist. Ist es aber nicht. 500 Lux ist die in Büros vorgeschriebene Helligkeit und bezieht sich auf das, was unten am Schreibtisch letztendlich ankommt. Zum Vergleich: An einem bewölkten Tag bekommt man im Freien 5.000 bis 7.000 Lux serviert.
Grau in grau: Winterdepression
Büros und Produktionshallen wirken deutlich heller als sie tatsächlich sind. Sie reichen bei Weitem nicht an die Helligkeit der Sonne heran – selbst wenn diese sich hinter Wolken versteckt. Fehlt Licht leidet darunter auch die verfügbare Menge des Neurotransmitters Serotonin. Es wird vermutet, dass Serotonin – neben vielen anderen Aufgaben – die Funktion eines körpereigenen Antidepressivums zukommt.
Entsprechend plausibel ist auch der Zusammenhang zwischen zu wenig Licht und jahreszeitlich bedingter Depressionen (SAD = saisonal-affektive Störung oder Seasonal Affective Disorder). Aber dazu später mehr. Fazit: Zu wenig Licht beeinträchtigt Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden auf ganzer Bandbreite.
Tageslichtlampen als wirkungsvolle Gegenmaßnahme
Der Einsatz von Tageslichtlampen hilft gegen die genannten Problembereiche, was auch in wissenschaftlichen Studien belegt wurde. Dabei sind allerdings einige Punkte zu beachten. Konkret geht es darum, wann und wie lange man sich dem Licht einer solchen Lampe aussetzen sollte. Ebenfalls ist ein Blick auf die technischen Daten der Tageslichtlampen zu werfen.
Gleich morgens unter die Lichtdusche
Licht ist der zentrale Taktgeber für unsere innere Uhr. Allerdings reichen gewöhnliche Lampen nicht einmal annähernd an die Helligkeit des natürlichen Lichts der Sonne heran. Um dessen Wirkung zu simulieren, braucht es spezielle Lampen, sogenannte Tageslichtlampen.
Deren maximale Helligkeit liegt in der Regel bei etwa 10.000 Lux, was ungefähr mit der Lichtsituation an einem sonnigen Tag im Schatten vergleichbar ist. Am meisten bringen Tageslichtlampen, wenn sie gleich morgens in unmittelbarer Nähe zum Aufstehen zum Einsatz kommen.
Das bereits erwähnte Schlafhormon Melatonin wird so am schnellsten abgebaut und die Serotoninproduktion angeregt. Beides sorgt dafür, dass die Schläfrigkeit aus dem Körper getrieben wird.
Morgens schneller wach – abends besser einschlafen
Der menschliche Rhythmus aus Schlaf und Wachheit wird als zirkadianer Rhythmus bezeichnet. Gerät dieser aus dem Gleichgewicht drohen schwerwiegende gesundheitliche Risiken wie z. B. Übergewicht, Diabetes, Bluthochdruck und reduzierte Immunfunktion (vgl. Steinach 2012: 59). Mit Tageslichtlampen erhält man ein effektives Werkzeug, um diesen Rhythmus wieder ins Lot zu bringen.
Tageslichtlampen sorgen dafür, dass wir bewusst unsere innere Uhr stellen können. Morgens gibt die Extraportion Licht der inneren Uhr das Startsignal für einen neuen Tag.
Bei Menschen, die abends nur verzögert einschlafen können (delayed sleep phase disorder = DSPD) zeigten eine Verschlimmerung ihrer Symptomatik, wenn sie morgens zu wenig Licht bekamen. Der Start in den Tag mit einer Tageslichtlampe kann sich demnach auch in besserem Einschlafen am Abend auszahlen.
Winterdepression in den Griff bekommen
Besonders in den lichtarmen Monaten des Jahres drohen zusätzlich saisonale Depressionen. Lichttherapie gilt als ein von Wissenschaftlern anerkanntes Behandlungsverfahren bei dieser Form der Depression.
Wie sorgt Licht aber dafür, dass sich die Stimmung verbessert? Es zeigte sich, das eine verstärkte Beleuchtungsintensität den Serotoninspiegel im Gehirn anhebt. Es geht hier allerdings nicht um eine „Mehrproduktion“ von Serotonin.
Vielmehr bestimmt das verfügbare Licht wie stark Serotonin abgebaut wird. Wenig Licht bedeutet stärkeren Abtransport des Hormons; mehr Licht (wie z. B. in den Sommermonaten) hemmt demgegenüber den Abbau.
Die Lichttherapie mit Tageslichtlampen funktioniert vermutlich ähnlich wie ein Serotoninwiederaufnahmehemmer. Allerdings ohne die Nebenwirkungen, die solche Medikamente in der Regel mit sich bringen. Aus diesem Grund stellt die Lichttherapie besonders für Schwangere eine interessante Alternative zu Antidepressiva dar (vgl. Staed et al. 2012: 69f).
Generell ist im Fall einer (vermuteten) Depression immer zuerst ein Arzt aufzusuchen und im Falle einer entsprechenden Diagnose das weitere Vorgehen abzuklären.
Wie viel ist genug?
Die bis hier genannten Argumente sind ohne Zweifel überzeugend. Bleibt die Frage, in welchem Umfang man sich vor die Lampe setzen sollte. Allgemein wird eine tägliche Bestrahlung von etwa 30 Minuten bei 10.000 Lux empfohlen. Lux ist die Einheit der Beleuchtungsstärke und meint in unserem Fall, wie viel Licht tatsächlich auf der Netzhaut landet. Schließlich soll es über spezielle Zellen auf der Netzhaut als Signalgeber für hormonelle und neurologische Prozesse dienen.
In der Praxis wird das allerdings nicht besonders gut funktionieren. Die Lampen haben zwar eine Nennleistung von 10.000 Lux. Dieser Wert wird jedoch nur in unmittelbarer Nähe zur Lampe erreicht. Und wer hat schon Lust, sich zum Einstieg in den Tag die Nase an einer reichlich grellen Lampe platt zu drücken ? 😉
Praktikabler ist es, einen Abstand von rund 50 Zentimetern zur Lampe einzuhalten und diese in einem 45-Grad-Winkel zur Blickrichtung aufzustellen. Ab und zu kann man ohne Risiko den Blick auch direkt auf die Lampe richten. Bei dieser Anordnung sollten rund 2.500 Lux die Augen erreichen. Insgesamt summiert sich die notwendige Zeitspanne dann allerdings auf zwei Stunden pro Tag.
Man muss sich nicht sklavisch an diese Vorgaben halten! Wer in der Mittagspause für 20 Minuten ins Freie geht, hat auch an trüben Tagen schon eine ganze Menge für sein „Lichtkonto“ getan. Auch kann man nach Feierabend eine kurze Lichtdusche einlegen – ein gutes Mittel gegen zu früh einsetzende Müdigkeit! Allerdings sollte man, ganz besonders wenn Einschlafprobleme bestehen, die Lampe nicht zu spät am Abend benutzen. Man würde so die Melatoninproduktion hemmen und deshalb noch schlechter einschlafen.
Gibt es Nebenwirkungen?
Licht ist eine natürliche Sache. Trotzdem kann Sonnenlicht die Haut vorzeitig altern lassen oder sogar die Entstehung von Krebs begünstigen. Tageslichtlampen produzieren Licht ohne UV-Anteil. Alterung oder andere Formen der Hautschädigung sind daher nicht gegeben.
Trotzdem sind geringfügige Nebenwirkungen einer Lichttherapie möglich. Überanstrengte Augen, Sehstörungen, Kopfschmerzen und Übelkeit werden können in seltenen Fällen auftreten. Normalerweise verschwinden diese Symptome nach wenigen Tagen (vgl. ebd.: 70).
Fazit: Tageslichtlampen sind einen Versuch wert!
Auch wenn der Begriff „Lichttherapie“ einen vielleicht etwas esoterisch anmutenden Klang hat – die Wirksamkeit der Maßnahme gilt als wissenschaftlich gesichert. Bedenkt man zudem, dass Licht ein für den Menschen natürliches Medium darstellt, das weitgehend frei von Nebenwirkungen ist, sollte man bei entsprechenden Symptomen (Müdigkeit bzw. saisonale Depression) der vorgestellten Methode eine Chance geben. Bei Depressionen sollte das weitere Vorgehen allerdings vorab immer mit einem Arzt besprochen werden.
Literatur
Staed, Jürgen; Wirz-Justice, Anna: „Seasonal affective disorders“ und andere Formen der Depression (2012). In: Krause, Rolfdieter; Stange, Rainer: Lichttherapie. Heidelberg: Springer Verlag, S. 56-67
Steinach, Mathias: Zirkadiane Rhythmik (2012). In: Krause, Rolfdieter; Stange, Rainer: Lichttherapie. Heidelberg: Springer Verlag, S. 67-72
Spork, Peter (2016): Wake up! Aufbruch in eine ausgeschlafene Gesellschaft. München: Carl Hanser Verlag, S. 43-50
Zulley, Jürgen: Mein Buch vom guten Schlaf. Endlich wieder richtig schlafen (2010). München: Wilhelm Goldmann Verlag, S. 228-232