Timeboxing ist die ultimative Methode für alle, die mit Fristen und Deadlines auf Kriegsfuß stehen. Besonders bei der ebenso wichtigen wie gefürchteten Bachelorarbeit verliert man schnell den Überblick. Ist mehr Panik als Produktivität angesagt, braucht es einen Plan. Timeboxing hilft dabei, das Beste aus der verfügbaren Zeit herauszuholen, indem alle Arbeitsschritte verbindliche Zeitfenster erhalten.
Inhalt
Herausforderung Zeitmanagement im Studium
Studierende stehen vor der Herausforderung, große Teile ihres Studiums eigenverantwortlich organisieren zu müssen. Von der Auswahl der Veranstaltungen über die ersten Leistungsnachweise bis hin zu den abschließenden Prüfungen sind Planung und gutes Zeitmanagement das A und O.
In der Praxis haben viele Studis ernste Probleme mit Deadlines und leiden unter chronisch knapper Zeit. Das zeigt sich immer wieder beim Schreiben von Seminararbeiten und ganz besonders bei der umfangreichen Bachelorthesis.
Die hier vorgestellte Technik kann dabei helfen, die verfügbare Zeit besser zu nutzen und deutlich produktiver zu werden. Timeboxing lautet die Zauberformel für alle Aufschieber, Verzettler und Überblickverlierer. Der Beitrag erläutert, was man unter Timeboxing versteht und wie sich die Methode gewinnbringend beim wissenschaftlichen Schreiben einsetzen lässt.
Was versteht man unter Timeboxing?
Beim Timeboxing handelt es sich um eine leicht zu erlernende Methode aus dem Projektmanagement. Das beliebte Werkzeug hilft dabei, die verfügbare Zeit optimal einzuteilen und Fristen einzuhalten. Ziele sind neben gesteigerter Produktivität auch die klare Strukturierung der Arbeitstage.
Das praktische Vorgehen sieht dann so aus: Das Projekt wird in überschaubare Teilaufgaben zerlegt. Jeder Teilaufgabe wird im nächsten Schritt ein Zeitfenster (Timebox) zugewiesen, das unbedingt einzuhalten ist. So entsteht ein verbindlicher Zeitplan vom Start bis zum Abschluss des Projekts.
Timeboxing im Studium hat viele Vorteile
Dieses Prinzip lässt sich auch auf viele Bereiche des Studiums übertragen. Für alle, die immer wieder unter Zeitdruck geraten und vor Abgabeterminen und Prüfungen Nachtschichten einlegen, lohnt sich ein etwas genauerer Blick auf die Methode. Am Beispiel der Bachelorthesis sollen Vorteile und Vorgehen im Detail erläutert werden.
Timeboxing bringt Klarheit und Struktur
Unklarheit hinsichtlich der zu erledigenden Aufgaben ist einer der größten Zeitfresser überhaupt. Wer sich an den Schreibtisch setzt und erst darüber nachdenken muss, was als Nächstes zu erledigen ist, hat schon verloren. Die Ursachen für fehlende Klarheit liegen meist in mangelhafter Planung und fehlender Priorisierung der Aufgaben. Unter solchen Bedingungen sind Zeitdruck und schwache Ergebnisse vorprogrammiert.
Wer Timeboxing im Studium bzw. bei der Abschlussarbeit verwendet, schiebt dieser Orientierungs- und Planlosigkeit einen Riegel vor. Durch die Aufteilung des Gesamtprojekts in einzelne kleine Arbeitsschritte entwickelt sich eine klare und vor allem terminierte To-do-Liste.
Timeboxing sorgt bereits bei der grundlegenden Planung der einzelnen Zeitfenster dafür, dass man sich nicht zu viel vornimmt. Wenn die Summe der Arbeitsschritte den zeitlichen Rahmen der Bachelorthesis sprengen, muss der Rotstift angesetzt werden. Timeboxing hilft dabei, Prioritäten zu setzen: Auf die Agenda schaffen es nur die Aufgaben, die für die Bachelorarbeit notwendig und in der verfügbaren Zeit realisierbar sind.
Timeboxing schützt vor Perfektionismus
Viel zu oft machen sich Studierende unnötige Arbeit mit endloser Materialsuche und unstrukturierter Lesearbeit. Oder sie feilen ewig an einer Formulierung, die nicht optimal ist. Im ersten Fall hofft man wie ein Goldgräber auf den perfekten „Text-Nugget“, der auch gleich die fehlende Klarheit im eigenen Kopf beseitigt. Im zweiten Fall wartet man auf den Musenkuss, der die perfekte Formulierung bringt. Beides hat nur geringe Erfolgsaussichten, kostet aber jede Menge Zeit.
Bereits bei der Planung der einzelnen Arbeitsschritte wird beim Timeboxing klar, dass Zeit der limitierende Faktor ist. Weder kann man wochenlang Quellenrecherche betreiben noch jedes mit dem Thema verwandte Buch lesen. Timeboxing schafft ein Bewusstsein für den Zusammenhang zwischen knapper Zeit und den für die Arbeit wesentlichen Inhalten. So erkennt man frühzeitig, wenn die Leseliste zu lang oder das Thema zu weit gefasst ist.
Auch wer Probleme mit falschem Perfektionismus hat, profitiert durch die selbstauferlegte Frist im Nacken: Better done than perfect! lautet die Devise. Sind zwei Stunden Zeit für das Schreiben eines Unterkapitels geplant, wird es deutlich unwahrscheinlicher, dass man sich ewig in die Formulierung eines einzelnen Satzes verbeißt.
Mehr Produktivität durch psychologische Effekte
Vermutlich hat jeder schon einmal die Erfahrung gemacht, dass zwischen verfügbarer Zeit und Produktivität ein umgekehrtes Verhältnis besteht. Zu Beginn einer Hausarbeit oder einer Prüfungsvorbereitung wird gerne viel Zeit in eher unbedeutende Randaspekte gesteckt. Jeder Text, jede Quelle soll zur Kenntnis genommen werden.
Spätestens wenn die Zeit auf ein überschaubares Maß geschrumpft ist, ändert sich die Arbeitseinstellung. Man spürt einen gewissen Druck und plötzlich geht es deutlich schneller voran. Dieses Phänomen hat einen Namen:
Bewusst gesetzte Minideadlines sorgen daher für mehr Fokus und Motivation. Wer sich bewusst einen zeitlichen Rahmen für Teilaufgaben setzt, wird deshalb produktiver. Timeboxing leistet genau das.
Das Vorhandensein eines klaren Plans in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht schützt zusätzlich vor Prokrastination. Auch wenn harte Aufschieber äußerst kreativ die unangenehmen To-dos umgehen – Timeboxing erschwert den Hang zum Prokrastinieren ungemein 😉
Die praktische Umsetzung
Die zentrale Forderung der Methode ist simpel: Jede zu erledigende Aufgabe erhält ein festes Zeitfenster, in der sie zu erledigen ist. Man braucht somit ein Datum, einen Start- und einen Endzeitpunkt. Um die benötigte Zeit abschätzen zu können, muss die Aufgabe möglichst klar formuliert sein. Schauen wir uns das Vorgehen etwas genauer an.
Zeitfenster und Aufgaben immer klar definieren!
„Montag von 10:00 bis 11:00 lesen“ ist zu vage! „Montag, 14.6., 10:00-11:00 – Wöhe, BWL Seite 47-65 lesen + zusammenfassen“ enthält die notwendigen Inhalte. Um den Arbeitsauftrag noch klarer zu gestalten, können weitere Aspekte ergänzt werden. Beispielsweise durch den Zusatz: „Unternehmensführung – Grundlagen der Gewaltenteilung im Unternehmen: Bezüge zur Problemstellung ableiten und Mindmaps erstellen.“ Gleiches gilt auch für die Schreibphase.
Zwar kostet die detaillierte Planung der Arbeitsschritte Zeit. Je genauer die Aufgabe im Kontext der Bachelorarbeit aber definiert wird, desto zielgerichteter wird das Arbeiten. Konsequentes Timeboxing zwingt ganz automatisch dazu, die eigene Arbeit permanent zu hinterfragen. Wer orientierungslos vor Hunderten von Kopien und E-Books sitzt und sich lediglich die Intention „Ich lese jetzt mal was zu meinem Thema“ verfolgt, wird weder produktiv noch mit dem Ergebnis zufrieden sein.
Timeboxing für alle Phasen der Bachelorarbeit verwenden
Timeboxing im Studium bzw. der Bachelorarbeit wirkt auf den ersten Blick wie ein extrem starrer Tagesplan, der alles in ein enges zeitliches Korsett zwängt. Man ist schließlich keine Maschine. Und wo bleibt der Raum für Flexibilität und Kreativität? Wer von heute auf morgen von persönlichem Chaos auf striktes Timeboxing umstellt, wird sich vermutlich unwohl und gestresst fühlen.
Ein wesentliches Problem liegt darin, dass eine realistische Zeitplanung nicht gelingt. In vielen Fällen fehlt einfach die grundlegende Fähigkeit, die benötigten Zeitspannen einzuschätzen. Um zu realistischen Einschätzungen zu kommen, sollte man die Methode idealerweise konsequent auf das gesamte Projekt anwenden.
Erster Schritt: Gesamtplanung erstellen
Am Anfang steht die Gesamtplanung der Thesis. Hier kann man sich an den grundlegenden Phasen einer wissenschaftlichen Arbeit orientieren. Im Beispiel bin ich fünf Phasen ausgegangen. So lassen sich schon viele Aufgaben benennen und in der jeweiligen Timebox zuordnen. Entscheidend sind auf dieser Betrachtungsebene der Start- und Endzeitpunkt der einzelnen Phasen und vor allem der Arbeit insgesamt.
In der folgenden Tabelle ist die erste Stufe des Timeboxings dargestellt. Als Zeitfenster von der Anmeldung bis zur Abgabe der Arbeit wurden drei Monate beziehungsweise der Einfachheit halber 12 Wochen angenommen.
Die erste Timebox ist von wesentlichen Richtungsentscheidungen geprägt. Die Wahl des Themas, der Problem- und Fragestellung sind echte Herausforderungen. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass viele Studierende bereits hier die Zeit verlieren, die ihnen später fehlt. Schlimmer noch: Oft werden die notwendigen Entscheidungen und strukturellen Überlegungen der Orientierung- und Planungsphasen nur lückenhaft absolviert, was dann später zu Problemen und sogar Schreibblockaden führen kann.
Wer wirklich bei null anfängt und nur drei Wochen Zeit für Themesuche, Fragestellung, vorläufige Gliederung und Exposé hat, darf nicht trödeln. Es ist deshalb empfehlenswert, die Timebox 1 bereits vor Anmeldung der Bachelorarbeit zu erledigen. In der Praxis verlangen viele Betreuer das Exposé vor der offiziellen Anmeldung beim Prüfungsamt. So soll verhindert werden, dass es wegen schlechter Planung und Vorbereitung zum Scheitern kommt.
Zweiter Schritt: Konkrete Tagesplanung
Die konkrete Tagesplanung leitet man aus der Gesamtplanung ab. Nehmen wir als Beispiel die Timebox 1 aus der obigen Tabelle. Sie umfasst die komplette Orientierungs- und Planungsphase der Thesis und sollte in drei Wochen abgeschlossen sein. Die im Beispiel erfassten allgemeinen Punkte werden nun auf klar definierte Aufgaben heruntergebrochen.
Der folgende Screenshot zeigt, wie so eine Timebox in der Praxis realisiert sein könnte. Prinzipiell eignet sich jeder Terminplaner, der genügend Platz für die Arbeitsaufträge und deren Beschreibung hat. Ideal ist aus meiner Sicht eine simple Online-Lösung wie der Google-Kalender. Er bietet Monats-, Wochen- und Tagesansichten und genügend Platz für Notizen.
Zudem kann man neben den Timeboxen auch thematisch organisierte Tasklisten anlegen. Punkte aus diesen Listen überträgt man später in die Timeboxen und markiert sie in der Taskliste anschließend als erledigt.
Letztendlich ist jedem freigestellt, wie das Timeboxing im Studium oder der Abschlussarbeit verschriftlicht wird. Ob klassischer Terminkalender, Bullet-Journal oder Online-Kalender – entscheidend ist, dass man sich mit dem gewählten Medium wohlfühlt.
Was sonst noch zu beachten ist
Wie so oft steckt auch beim Timeboxing der Teufel im Detail. Damit die Methode erfolgreich angewendet werden kann, braucht es ein hohes Maß an Disziplin. Vor allem, wenn man gerade erst mit Timeboxing anfängt, ist die Versuchung groß, die Blöcke zu überziehen. Das ist unbedingt zu vermeiden!
In solchen Fällen sollte man sich fragen, warum die Zeit nicht gereicht hat und als Lerneffekt in Zukunft weniger, dafür aber besser definierte Aufgaben in der Box unterzubringen. Das Ziel ist, wirklich realistische Zeiten für die Erledigung der To-dos zu ermitteln. Bis dies gelingt, sind als Ausgleich angemessene Pufferzeiten einzuplanen.
Um bei realistischer Selbsteinschätzung zu bleiben: Die Konzentrationsfähigkeit ist immer mehr oder weniger stark begrenzt. Hier liegt ein weiterer Grund, die Zeitdauer der Timeboxen individuell zu gestalten und Pausen ebenfalls fest einzuplanen. Man sollte sich niemals gehetzt oder gar überfordert fühlen, weil die Zeit zu knapp bemessen ist! Wer grundlegende Probleme mit seiner oder ihrer Konzentrationsfähigkeit hat, sollte mit kurzen Zeitfenstern wie der Pomodoro-Methode experimentieren.
Was die inhaltliche Organisation angeht, bietet sich das sogenannte Batching an. Das Konzept sorgt für mehr Effizienz, indem ähnliche Aufgaben zusammengefasst werden. Dieses stapelweise Erledigen von Aufgaben wird in vielen Fällen ganz automatisch gemacht. Trotzdem sollte man sich das Konzept bewusst machen und es konsequent in Verbindung mit Timeboxing zum Einsatz zu bringen.
Fazit und Kritik
Timeboxing im Studium erfindet das Rad guter Planung und Selbstorganisation sicher nicht neu. Studierende bekommen vom ersten Semester an immer wieder die gleichen Predigten zu den Themenkomplexen wissenschaftlichen Arbeitens und der Planung ihres Studiums zu hören.
Timeboxing stellt trotzdem für alle Deadline-Geplagten einen interessanten Ansatz dar. Besonders wer durch unzulängliche Planung immer wieder unter Zeitdruck gerät wird durch diese Methode dazu gezwungen, alle zu erledigenden Aufgaben unter dem Brennglas ausreichender aber eben nicht unbegrenzter zeitlicher Ressourcen zu sehen.
Wer immer wieder den Flaschenhals knapper Zeit aus den Augen verliert und dann umso mehr mit furchteinflößender Zeitknappheit vor dem plötzlich anstehenden Abgabetermin konfrontiert ist, sollte Timeboxing eine Chance geben.
Allerdings hat die Methode auch ihre Grenzen und ist definitiv kein Allheilmittel. Nicht jede Arbeit, vor allem wenn andere Menschen beteiligt sind, lässt sich in eine Timebox packen. Auch ist sie vermutlich für Kreative weniger gut geeignet, die unter zu starren zeitlichen Vorgaben schlechter arbeiten. Ganz klar: Wer keine Zeitprobleme beim akademischen Schreiben kennt, hat auch keinen Anlass für die strikte Taktung des Timeboxings.