Wer Sport macht, lebt länger und besser. Schön, wer bis hier gelesen hat ohne zu gähnen. Unzählige Studien sagen im Prinzip das Gleiche: Macht Sport! Und wenn das zuviel verlangt ist: Bewegt euch wenigstens! Leider ist es so, dass die ferne Aussicht auf ein paar Extralebensjahre als rüstiger Rentner für viele Bewegungsmuffel kaum motivierend wirkt. Ich möchte deshalb eine etwas andere Beispielrechnung vorstellen: Wie groß fällt der unmittelbare Zeitgewinn durch Sport aus?
Inhalt
Zeit gewinnen durch Sport:
Überlegungen zum Einstieg
Der Beitrag ist all jenen gewidmet, denen ausgeprägter Bewegungsdrang fremd ist. Alle, die bereits regelmäßig sportlich aktiv sind, können sich getrost einen der anderen Beiträge anschauen. Oder weiterlesen und sich bestätigen lassen, dass sie auf dem richtigen Weg für mehr Zeit sind 😉
Alle anderen, die weder Lust geschweige denn Begeisterung für freiwillige verschwitzte Selbstkasteiung haben, sollten weiterlesen. Womit wir beim zentralen Punkt angekommen wären: Nicht jeder mag sportlich aktiv werden. Hinzu kommt, dass jedes Training zuerst einmal Zeit kostet.
Dieser Zeitaufwand wird von Nicht-Sportlern immer wieder gerne als Ausrede bemüht, um so ziemlich alles – außer eben Sport – zu machen. Genau dieses Argument soll hier widerlegt werden. Die These, die ich aufstellen möchte, lautet:
Sport sorgt für mehr Zeit –
und das jeden Tag!
Immer wieder wird auf die längere Lebenserwartung durch regelmäßigen Sport hingewiesen. Man könnte nun kritisch einwenden, dass ein paar Extrajahre jenseits der Rente zwar eine feine Sache sind; Zeitnot und Stress sind allerdings JETZT akut. Für sportliche Betätigung zusätzlich zur alltäglichen Hetze bleibt da kaum Zeit.
Genau dieses Argument möchte ich widerlegen und mit einer Beispielrechnung schleunigst in die „Weicheier-Ausredenecke“ verbannen. Zeit durch Sport zu gewinnen bedeutet nämlich nicht nur, als rüstiger Rentner die eigenen Enkel und andere junge Menschen mit Geschichten von früher begeistern (oder foltern) zu können.
Vielmehr gibt es schon nach wenigen Wochen vernünftigem Training jede investierte Minute doppelt und dreifach zurück.
Zeitgewinn durch Sport
Bevor die bereits oben angekündigte Beispielrechnung vorgestellt wird, sind einige Fragen zu klären:
- Was wird im Beitrag überhaupt unter Sport verstanden?
- Welche positiven Auswirkungen sind zu erwarten und warum kommt es durch diese zu einem Zeitbonus?
- Wie viel Zeit muss man pro Woche investieren um die genannten positiven Effekte zu erzielen?
Was wird im Beitrag überhaupt unter Sport verstanden?
Kaum zu glauben. Tatsächlich war mir vor Jahren ein Herr mittleren Alters bekannt, der auf seinem hellblauen VW Golf III einen Aufkleber mit dem Slogan „Mein Hobby: Taubensport“ herumkutschierte.
Vielleicht musste er hin und wieder seinen gefiederten Freunden und Freundinnen hinterherjoggen. Eventuell war das Säubern des Taubenschlags härter als mancher Work-out, den man im Fitnessstudio beobachten kann. Trotzdem soll dieser – zweifelsohne faszinierende – Zeitvertreib für unsere Betrachtung genauso wenig als Sport gelten wie „Motorsport“, Schach oder E-Sports.
Unter Sport wird hier ein Mix aus körperlichen Aktivitäten verstanden, die – mit unterschiedlichem Schwerpunkt – Muskelkraft, Ausdauer und motorische Fähigkeiten entwickeln.
Für die weitere Betrachtung ist nicht entscheidend, welche Sportarten tatsächlich ausgeübt werden. Wichtig ist aber, dass die Bereiche Ausdauer, Kraft und Motorik tatsächlich zum Zuge kommen. Das Beste aus allen Welten sozusagen.
Positive Auswirkungen und Zeitbonus durch Sport
Die positiven Auswirkungen, die Sport – in vernünftigem Maß ausgeführt – mit sich bringt, beziehen sich oft auf gesundheitliche Aspekte. So wird z. B. das Risiko für Herzkreislauferkrankungen, Krebs und Diabetes reduziert. Wer Sport treibt, ernährt sich oft gesünder und raucht seltener. Entsprechend leben Sportler länger als Nicht-Sportler.
Neben den physischen Auswirkungen sind auch die Auswirkungen auf das Gehirn im weitesten Sinne bedeutend. Verbesserte Durchblutung, Stressabbau und ein generell gesteigertes Wohlbefinden sind hier die zentralen Punkte.
Zusammenfassend kann man sagen, dass Sport einen entscheidenden Beitrag zur körperlichen und geistigen Gesundheit leistet. Ohne Sport und ausreichende Bewegung stellen sich schnell Defizite und sogar gefährliche Entwicklungen ein. Diese haben auch ein nicht zu unterschätzendes Zeitfresser-Potenzial. Schauen wir uns die wichtigsten Aspekte deshalb einmal etwas genauer an.
Zeitfresser Übergewicht
Mehr als jeder zweite Deutsche ist übergewichtig. Ein Viertel sogar in einem bedenklichen, d. h. krankhaftem, Maß fettleibig. Vor allem Männer werden immer dicker. Wer es genau wissen will, kann die exakten Zahlen bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung nachlesen. Das altbekannte Problem: Minderwertige Nahrung mit zu vielen Kalorien und fehlende Bewegung.
Womit wir wieder beim Sport wären. Wer Sport treibt, hat deutlich seltener Gewichtsprobleme und legt nicht so leicht überflüssige Kilos zu. Zudem sorgt Sport für Struktur und stärkt die Willenskraft. Beides sind sehr hilfreiche Faktoren um ein gesundes Gewicht zu erreichen oder zu erhalten.
Mit den ganzen altbekannten Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck und künstlichen Hüftgelenken will ich hier niemanden weiter langweilen. Trotzdem möchte ich jedem, der zu viele Kilos mit sich herumschleppt, den Artikel Folgen von Übergewicht auf Dr. Gumpert.de ans Herz legen. Dort wird ein umfassendes Panoptikum des Fettleibigkeits-Grauens gezeichnet.
Nun ist es fatalerweise so, dass die meisten der genannten Erkrankungen erst im fortgeschrittenen Alter ernsthafte Probleme bereiten. Bis dahin ist es ein schleichender Prozess körperlichen Verfalls. Dementsprechend redet man sich ein, dass die körperliche Verfassung gar nicht sooo schlecht sei und minderwertiges Essen in zu großer Menge wird mit (scheinbarer) Lebensqualität gleichgesetzt.
Was man unbedingt bedenken sollte: Jedes Kilo zuviel muss den ganzen Tag herumgeschleppt werden! Nicht selten haben Menschen zehn, zwanzig oder sogar dreißig Kilo Übergewicht, das ihr ständiger Begleiter ist. Auch ohne den Rattenschwanz an drohenden Erkrankungen will dieses „tote Gewebe“ getragen werden.
Wer will, kann ja probehalber einen Tag lang einen Rucksack mit zehn oder auch mehr Kilo Ballast mit sich herumtragen. Die Konsequenzen sind deutlich: Trägheit statt Agilität und vorzeitige Erschöpfung in der zweiten Tageshälfte.
Fazit:
Jedes Kilo Übergewicht kostet Zeit!
Zeitfresser Schlafstörungen
Ein interessanter Punkt, der ebenfalls im Übergewicht-Beitrag bei Dr. Gumpert.de genannt ist, betrifft das sogenannte Schlaf-Apnoe-Syndrom. Das Phänomen tritt bei übergewichtigen Menschen deutlich öfter als bei Schlanken auf. Nächtliche Atemaussetzer sorgen für Stress; Puls, Blutdruck und Blutzucker steigen an. Tagsüber fühlen sich die Betroffenen dann oft schlapp und müde.
Wer schon morgens erledigt ist, wird sich schlechter konzentrieren können und mehr Flüchtigkeitsfehler machen. Im Job kann das für ernsthaften Ärger sorgen. Privat ist es mindestens ärgerlich: Dinge werden vergessen, Wege sind doppelt zurückzulegen. Die Lebensqualität leidet und man fühlt sich mies. Entsprechend hat man abends auch früher das Bedürfnis, ins Bett zu gehen.
Schlafstörungen können über das Schlaf-Apnoe-Syndrom hinaus die unterschiedlichsten Ursachen haben. Stress, das Gefühl genereller Überforderung oder ungelöste Probleme können ebenfalls Verursacher sein. Sport kann auch hier in vielen Fällen für Abhilfe sorgen. Wobei der Sport in der ersten Tageshälfte besser aufgehoben ist. Unmittelbar vor dem Schlafengehen kann er das Einschlafen sogar behindern.
Fazit:
Wer schlecht schläft, hat weniger vom Tag
und verliert somit Zeit!
Zeitfresser Stress
Die Nebenwirkungen von Dauerstress sind umfassend: Blutdruck, Cholesterin, Diabetes, Tinnitus, Schlaganfall – nur um eine Auswahl an Stichworten zu nennen. Bewegung und Sport sind die idealen Ventile, um Stress abzubauen.
Zur Erinnerung: Ursprünglich stellt Stress ein Notprogramm des Körpers für Gefahrensituationen dar, die dann in der Regel über Flucht oder Kampf aufgelöst wurden. Die Stresssituationen in der Moderne sind mit diesem klassischen evolutionären Programm aber meist nicht adäquat zu bewältigen. Die Uni Bielefeld empfiehlt ihren Mitarbeitern daher:
„Um möglichen gesundheitlichen Folgen von Dauerstress vorzubeugen, ist es besonders wichtig regelmäßig Sport zu treiben. Vorhandener Stress kann so abgebaut und die vom Körper in der Stresssituation bereitgestellten Energien verbraucht werden.“
Quelle: siehe hier
Zwar ist es nicht so, dass Stress durch regelmäßigen Sport komplett ausgeschaltet wird. Oft werden solche Behauptungen aufgestellt, ohne dass es eine belastbare wissenschaftliche Grundlage gibt. Positive Auswirkungen sind allerdings nicht zu leugnen.
So wurde ein „Stresspuffer-Effekt“ beobachtet, der dafür sorgt, dass die negativen Auswirkungen von chronischem Stress auf die Gesundheit abgemildert werden. Auch liegen Studienergebnisse vor, die zeigen, dass Sportler geringere physische Reaktionen auf (künstliche) Stress-Situationen zeigten.
Fazit:
Dauerstress führt zu einer umfassenden Beeinträchtigung der Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit. Wer dauerhaft gestresst ist, kann seine Zeit nicht mehr effizient nutzen!
Zeitfresser psychische Probleme
Ganz besonders, was diesen Bereich angeht sollen keine überzogenen Erwartungen geschürt werden! Fakt ist, dass in den letzten beiden Jahrzehnten psychische Probleme deutlich zugenommen haben. Das zeigt sich deutlich an den Krankmeldungen, die auf solche Ursachen zurückzuführen sind. Die bisher durchgeführten Studien attestieren Sport positive Auswirkungen bei Depressionen.
Pauschale Aussagen zu treffen ist hier allerdings heikel. Vieles scheint darauf hinzuweisen, dass bei leichten und mittleren psychischen Störungen Sport für Besserung sorgt. Depressive ziehen sich z. B. nicht mehr so stark zurück und können wieder besser am sozialen Leben teilnehmen. Zudem lässt sich so die typische Antriebsschwäche in den Griff bekommen.
Allerdings sollte man nie versuchen, sich selbst zu therapieren – es muss immer ein Facharzt konsultiert werden, mit dem dann die individuell geeignete Behandlung abzuklären ist.
Fazit:
Auch psychische Probleme beeinträchtigen einen klugen Umgang mit Zeit. Besonders Depressionen führen zu ausgeprägter Antriebsschwäche. Alle Lebensbereiche werden negativ beeinflusst; somit rauben sie ebenfalls Zeit!
Täglicher Zeitgewinn durch Sport: zwei Stunden!
Abgesehen von der absoluten Lebenserwartung bringen Sport und Bewegung aus den bereits genannten Gründen einen täglichen Zeitbonus. Im Zeitverlauf nimmt dieser Effekt immer mehr zu, was der Tatsache des Älterwerdens geschuldet ist.
Nicht selten sorgt der fahrlässige Umgang mit der eigenen Gesundheit für vorzeitigen Verfall: Viele Menschen schleppen sich durch ihren Alltag wie Greise – und sind noch Jahrzehnte von ihrer Rente entfernt.
Als realistischen Schätzwert gehe ich von durchschnittlich zwei Stunden Zeitbonus pro Tag aus, die durch regelmäßigen Sport zu gewinnen sind. Je nach individueller Verfassung kann der Effekt etwas geringer oder deutlich größer ausfallen. Auch wird der Zeitgewinn mit fortschreitendem Alter zwingend zunehmen.
Zeitaufwand pro Woche für Sport?
Hier kann ich mich kurz fassen. Es gibt keine allgemeingültige exakte Empfehlung. Man kann aber sagen, dass es nicht zu wenig und auch nicht zu viel (!) sein sollte. Mehr ist eben nicht immer besser. Und drei ultraintensive Spezial-Work-outs pro Woche zu je fünf Minuten sind sicher auch nicht der Weisheit letzter Schluss. Vor allem auch, weil Anfänger zu wirklich hartem Training meist überhaupt nicht in der Lage sind.
Die Empfehlungen von Experten variieren in der Regel zwischen zwei und vier Stunden. Die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) liegt z. B. bei wöchentlich zweieinhalb Stunden. Wichtig ist dabei ein vernünftiger Mix: Sowohl die Ausdauer als auch die Muskulatur sollte trainiert werden – nicht zu vergessen Beweglichkeit und Motorik.
Aus dem inzwischen unüberschaubaren Sportangebot kann sich dann jeder sein individuelles Programm zusammenstellen. Mit einem wöchentlichen Zeitaufwand von drei Stunden ist sicher ein guter Kompromiss zwischen Zeitaufwand und positiven Effekten möglich.
Sport und Zeitgewinn: Beispielrechnung
Die Rechnung, die ich jetzt aufstellen möchte, sieht folgendermaßen aus: Zuerst betrachte ich den Zeitgewinn für ein Jahr. Basis der Rechnung ist eine Woche; der Einfachheit halber ignoriere ich Schalttage und Kommastellen. Hier hat jedes Jahr exakt 52 Wochen 😉
Wochen- und Jahresbetrachtung
- Pro Woche 7 x 2 Stunden Zeitbonus = 14 Stunden; davon sind drei Stunden für Sport abzuziehen = 11 Stunden
- Zeitbonus pro Woche = 11 Stunden
- 11 Stunden pro Woche mal 52 = 572 Stunden
- Zeitbonus pro Jahr = 572 Stunden
Knapp 600 Stunden zusätzliche Zeit pro Jahr ist kein Pappenstiel! Was wäre in dieser Zeit alles möglich? Jeder sollte sich selbst ausmalen, wie viele Dinge, die an Zeitknappheit scheitern, eigentlich doch möglich wären. Egal ob für Entspannung, Beruf oder Partnerschaft.
Gesamtbetrachtung
Um die Gesamtbetrachtung nehme ich einige Vereinfachungen vor. Den von mir angenommenen Zeitgewinn beschränke ich auf die Zeit von 30 Jahren bis zu einem angenommenen Rentenbeginn im Alter von 65 Jahren.
Zusätzlich nehme ich eine um fünf Jahre verlängerte Lebenserwartung der Sportler (gegenüber Nichtsportlern) an. Für diese fünf Jahre ist nur die tatsächlich im Wachzustand verbrachte Zeit mit 16 Stunden pro Tag erfasst.
Dabei ist klar, dass die Rechnung gewisse Schwächen aufweist. Die Zeit als junger Erwachsener fällt ebenso unter den Tisch, wie ein Teil der Zeit nach dem 65. Lebensjahr. Ich denke, dass dies trotzdem legitim ist. Letztendlich ist der Zeitvorteile durch Sport sehr konservativ, d. h. niedrig geschätzt. In vielen Fällen dürfte der Zeitgewinn durch Sport demnach deutlich größer ausfallen.
Zeit vom 30. bis zum 65. Lebensjahr:
- Zeitbonus 20.020 Stunden
Zusätzliche Lebenszeit durch fünf Jahre längere Lebenserwartung:
- Zeitbonus 29.200 Stunden
Insgesamt 49220 Stunden zusätzliche Gesamtlebenszeit im Wachzustand; das entspricht etwa 8 1/2 Jahren Lebenszeit!
Was bringt das Ganze?
Der Beitrag setzte sich zum Ziel, die „Zeitvorteile“, die regelmäßiger Sport mit sich bringt, zu belegen. Nicht nur die längere Lebenserwartung in ferner Zukunft gibt es als Bonus. Bereits nach wenigen Wochen regelmäßig und vernünftig ausgeübtem Sport machen sich die Vorteile bezüglich des Zeitaspekts bemerkbar.
Körperliche und geistige Fitness profitieren und resultieren in faktisch mehr Zeit. Gesteigerte Leistungsfähigkeit und effizientere Zeitnutzung bilden die Basis für mehr und qualitativ hochwertigere Zeit. Zeitgewinn durch Sport ist eine Tatsache.
Jede „allgemeingültige“ Beispielrechnung kann nur eine Annäherung an die tatsächlichen Gegebenheiten darstellen. Sie ist deshalb immer auch mehr oder weniger falsch. Aber auch ohne tausende von auf die Lebenszeit aufgerechneten Stunden sollte klar sein: Der gesunde Mensch ist immer ein körperlich aktiver Mensch! Wer mangelnde Bewegung mit zu wenig Zeit rechtfertigt, begeht einen logischen Fehlschluss, der vor allem eines leistet: Er raubt uns Unmengen an wertvoller Zeit.