Dass Willenskraft eine ganz besonders wertvolle Fähigkeit ist, dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben. Trotzdem sind viele Menschen mit ihrer „Willpower“ unzufrieden; zum Glück lässt sich der Wille wie ein Muskel trainieren! Der Beitrag zeigt, mit welchen „Hanteln“ man die Willenskraft trainieren und optimal steigern kann. Ich möchte hier die unterschiedliche Möglichkeiten vorstellen, mit denen man seine Willenskraft trainieren kann. Im Artikel zum Thema Willensstärke wurde bereits auf die besondere Bedeutung von Willenskraft für den Erfolg in allen Lebensbereichen eingegangen.
Inhalt
Willenskraft trainieren:
Parallelen zum Krafttraining
Egal, ob ich kurzfristigen Versuchungen widerstehen oder mich irgendeiner Herausforderung stellen will – wer über mehr Willensstärke verfügt, hat die deutlich besseren Karten. Nahezu alle Ziele, die besonders attraktiv sind, erfordern Anstrengung und Einsatz. Willenskraft ist die Entscheidung für den schwierigen Weg, der sich langfristig lohnt!
Wenn es mit der Willenskraft nicht allzu weit her ist, gibt es Möglichkeiten, diese zu trainieren. In diesem Zusammenhang wird oft der Vergleich zwischen Willenskraft und Muskeln hergestellt. Welche Gemeinsamkeiten bestehen und wie sieht so ein „Willenskraft-Workout“ aus?
Starke „Willenskraft-Muskeln“:
Die wichtigsten Trainingsprinzipien
Zugegeben. Der Vergleich zwischen dicken Muskelpaketen und den Abläufen in unserem Gehirn hinkt ganz ordentlich. Trotzdem gibt es Gemeinsamkeiten, die sich für die Steigerung der Willenskraft nutzen lassen. Folgende Trainingsprinzipien gelten sowohl für den Körper (Muskeln) als auch für Willenskraft:
Generelles Anpassungs-Syndrom
Egal ob es sich um Sport, Krankheit oder eine Hungersnot handelt: Wird unser Körper durch einen ungewohnten Reiz aus seinem Gleichgewicht gebracht, versucht er sich an die neue Situation anzupassen.
Bei einer Hungersnot verlangsamt sich der Stoffwechsel bzw. wird der Fettstoffwechsel aktiviert. Bei einer Krankheit tritt das Immunsystem auf den Plan und bildet z. B. Antikörper.
Werden solche Reize geplant und bewusst zum Zweck einer Leistungssteigerung oder Optimierung eingesetzt, spricht man von Training. Das funktioniert beim Sport – und kann auch zur Verbesserung der Willenskraft eingesetzt werden.
Prinzip der Superkompensation
Das Tolle am Anpassungssyndrom ist, dass die Leistungsfähigkeit nach dem Anpassungsprozess über dem ursprünglichen Niveau liegt. Der Körper trifft hier bereits Vorkehrungen für zukünftige Belastungen um nicht erneut „kalt erwischt“ zu werden. Wer demnach durch ein geeignetes Training die Stärke des Willens erhöht, ist für die zukünftigen Herausforderungen und Versuchungen entsprechend besser gewappnet.
Prinzip des überschwelligen Belastungsreizes
Wer immer die gleichen Gewichte hebt oder immer mit der gleichen Geschwindigkeit eine identische Strecke joggt, wird sich nicht steigern. Es braucht eine gewisse Intensität und Belastung, die über dem üblichen Maß liegt. Mit der Willenskraft verhält es sich nicht anders!
Die Übungen, die ich hier vorstellen möchte, sind immer auch (mehr oder weniger) kleine Herausforderungen an den Willenskraftmuskel. Schrittweise passt sich der Wille an die Herausforderungen an und wird stärker.
Prinzip des wirksamen Belastungsreizes
Hier handelt es sich um eine Konkretisierung des vorangegangenen Prinzips. Klar ist, dass die Trainingsbelastung über den alltäglichen gewohnten Anstrengungen liegen muss. Sonst hätte der Körper keinen Grund sich anzupassen. Aber Vorsicht: Überlastungen sind unbedingt zu vermeiden!
Wie beim Krafttraining ist der Ausgangspunkt die aktuelle Leistungsfähigkeit. Wer untrainiert ist kann nicht von heute auf morgen 100 Kilo stemmen.
Um die Risiken von Frustration und Überlastung zu minimieren, muss auch jede Variante der Übungen für mehr Willenskraft richtig dosiert sein. Es braucht genau den richtigen – wirksamen – Belastungsreiz sowie Geduld und Zeit. Will man die Willenskraft klug trainieren, ist das ein ganz besonders wichtiger Punkt!
Prinzip des progressiven Belastungsreizes
Wer sein Willenskraft-Training gut plant, kann schrittweise die Trainingsbelastung erhöhen. Will man sich das Rauchen abgewöhnen, kann man die Anzahl der Zigaretten schrittweise senken.
Für alle, bei denen der kalte Entzug schon zum gefühlt hundertsten Mal scheiterte, ist diese Strategie sicher erfolgversprechender. Auch die Trainingsziele hinsichtlich unserer Willenskraft sollten weitestgehend SMART sein.
Fazit: Wer seinen Willen auf das nächste Level bringen will, muss ihn trainieren. Damit so ein Training Früchte trägt, muss es gut geplant und richtig dosiert sein. Die Frage aller Fragen lautet somit: Wie kann man Trainingsprinzipien aus dem Sport auf unseren Willen übertragen? Es gilt, die vorgestellten Mechanismen in ein Willenskraft-Training umzuwandeln.
Zurück zur Willenskraft
Wie ich oben bereits sagte: Willenskraft ist die Entscheidung für den schwierigen Weg. Natürlich muss man sich über die das eigentliche Ziel im klaren sein. Wie soll man sonst überhaupt eine Wegstrecke definieren?
Ist das Ziel klar, stellen sich zwei weitere Herausforderungen. Nützliche – aber oft unbequem-anstrengende – Dinge sind durchzuziehen. Umgekehrt gilt es schädliche – aber oft sehr verlockende – Handlungen tunlichst zu unterlassen. Beispiele gefällig?
- Junkfood vs. Salatteller
- Couch/Netflix vs. Jogging im Regen
- Hefeweizen vs. Mineralwasser
Wie man schon an diesen recht banal-alltäglichen Beispielen sehen kann, handelt es sich um innere Kämpfe, bei denen viel zu oft die Willenskraft an ihre Grenzen stößt.
Es wird deshalb Zeit, unserem Willen etwas auf die Sprünge zu helfen. Drei Fähigkeiten müssen gezielt aufgebaut und gestärkt werden, damit ein komplettes Training gegeben ist:
- Stärkung der „Ich-werde-nicht“-Fähigkeit
Unter diesen Bereich fallen alle schlechten Gewohnheiten, die man ablegen möchte. Suchtverhalten, bestimmte Sprechgewohnheiten oder unkontrollierter Medienkonsum sind typische Beispiele. - Stärkung der „Ich-werde“-Fähigkeit
Alle Anstrengungen, mit denen man neue, positive Gewohnheiten entstehen lassen möchte. - Bewusstmachung der „Ich-will“-Fähigkeit
Man muss sich immer wieder – am besten jeden Tag – bewusst machen, warum bestimmte Veränderungen angestrebt werden.
Willenskraft trainieren:
Fünfzehn Trainingstechniken
Gegenüber klassischem Krafttraining gibt es beim Training der Willenskraft einen großen Pluspunkt. Egal welchen Herausforderungen oder Versuchungen man sich stellt – sie alle zehren an einem zentralen „Willenskraft-Speicher“.
Es ist somit auch nicht notwendig, den Willen für jede denkbare Situation isoliert zu trainieren – alle vorgestellten Übungen stärken den Willen als Ganzes. Man profitiert deshalb in allen Situationen, in denen ein starker Wille gefragt ist.
Übung 1:
Kontrolle der Körperhaltung
Es ist kaum zu glauben, aber die bewusste Kontrolle der Körperhaltung steigert die Willenskraft. Vor allem die Ausdauer des Willens verbessert sich so nachweislich. Als ersten Schritt beobachtet man das eigene Verhalten. Lässt man oft die Schultern hängen oder wippt man mit den Füßen am Schreibtisch? Hat man eine (im Idealfall überflüssige oder sogar störende) Eigenart entdeckt, beginnt man bewusst damit, diese zu ändern.
Besonders zu Beginn der Übung wird man immer wieder in das alte Verhaltensmuster zurückfallen. In diesen Fällen korrigiert man die Haltung – das ist schon alles!
Dass die Übung funktioniert, liegt nicht daran, dass man an seiner Sitzposition oder irgendeiner anderen Körperhaltung arbeitet. Es sind vielmehr die bewussten kleinen Korrektur-Anstrengungen („Sitz gerade!“) um eine neue Gewohnheit einzuüben bzw. sich etwas abzugewöhnen. Eben genau das, wozu man Willenskraft braucht.
Übung 2:
Die andere Hand verwenden
Auch bei dieser Übung geht es darum, eine Gewohnheit zu durchbrechen und dabei die Willensmuskulatur spielen zu lassen. Einfach mal bei den alltäglichen Routinetätigkeiten die andere Hand verwenden! Ideal bieten sich hier Dinge wie Zähneputzen, das Duschen oder die Bedienung der Kaffeemaschine an.
Der Haushalt ist generell ein nie versiegender Quell der kreativsten Willenskraft-Workouts. Natürlich ist es klug solche Tätigkeiten zu wählen, die weitestgehend frei von Risiken sind – Zahnärzte sollten besser nicht auf die Idee kommen, ihre Patienten mit der weniger geschickten Hand zu behandeln 😉
Auch wer morgens seinen Kaffee von Hand mit kochendem Wasser überbrüht, sollte sich nach anderen, weniger gefährlichen Übungen umschauen.
Übung 3:
Kontrolle der Sprache
Nicht nur motorische Tätigkeiten eignen sich, um die Willensstärke zu steigern. Besonders die Art und Weise wie wir kommunizieren bietet in der Regel viel Raum für Veränderungen, mit denen sich der Wille herausfordern und stärken lässt.
Die ganzen „Ähhs“ und „Ähms“ sind keine Aushängeschilder elaborierten Ausdrucks und sprachlicher Kompetenz. Wer sich bewusst vornimmt, sie zu unterdrücken trainiert automatisch seinen Willen.
Roy Baumeister – ein Experte auf dem Gebiet der Willensforschung – bezeichnet dieses Training als eine Art Aufwärmübung für die richtig harten Herausforderungen wie z. B. sich das Rauchen abzugewöhnen oder das Gewicht zu reduzieren.
Übung 4:
Zehn Minuten Meditation und Fokus
Still in einer bequemen Position für einige Minuten dasitzen und sich lediglich auf Atmung und Körperempfinden konzentrieren – auch diese unspektakulär klingende Technik führt bereits nach einigen Wochen zu einer messbaren Verbesserung der Willensstärke. Zugegeben. Die Sache ist nicht ganz so einfach, wie sie im ersten Moment klingt.
Wer nicht einige Jahre Auszeit in einem tibetischen Kloster genommen hat, wird sich während dieser Übung so ziemlich alles außer Atmung und Körpergefühl durch den Kopf gehen lassen. Termine, Einkaufslisten und aufgeschobene Tätigkeiten werden sich permanent ins Bewusstsein drängen. Das Willenstraining besteht tatsächlich darin, diese Gedanken sanft beiseitezuschieben und sich wieder auf den Atem zu konzentrieren.
Hier die detaillierte Anleitung. Ein weiterer positiver Effekt der Übung liegt darin, dass die Konzentrationsfähigkeit gestärkt wird: Man lässt sich nicht mehr so leicht durch äußere Störungen ablenken.
Übung 5:
Auge in Auge mit der Versuchung
Egal, ob es sich um einen Schokoriegel oder eine Zigarette handelt. Mit der bewussten Entscheidung, sich einer Versuchung auszusetzen, wird der Wille trainiert. Auch hier ist es sinnvoll, sich nicht mit zu großen Herausforderungen zu übernehmen.
Wer während der Arbeit permanent Süßkram in sich hineinstopft, könnte z. B. versuchen, einen Schokoriegel auf seinem Schreibtisch abzulegen, der aber erst nach der Mittagspause gegessen werden darf. Nach und nach kann man die Herausforderung verschärfen.
Übung 6:
Selbst auferlegter Zeitdruck
Bei dieser Übung nimmt man sich eine beliebige Aufgabe vor. Es könnte sich wieder einmal um eine mehr oder weniger nervige wiederkehrende Tätigkeit aus dem Haushalt halten. Will man z. B. das Wohnzimmer aufräumen und putzen, setzt man sich selbst eine Frist, in der das Ganze erledigt sein muss.
Diese Übung kann man zuerst im privaten Bereich testen. Für alle, die sich bei allen Formen von Routine-Tätigkeiten wie aufräumen, putzen oder dem Entmüllen der Ablage schwer tun, ist die Methode eine echte Geheimwaffe! Wer stundenlang an den Formulierungen seiner E-Mails feilt, sollte am besten gleich mit dieser Übung beginnen.
- Durch den selbst auferlegten Zeitdruck entsteht eine gewisse Wettkampfatmosphäre gegen die Uhr. Man lässt sich deshalb nicht mehr so leicht ablenken.
- Zeit verschlingender Perfektionismus hat ebenfalls keine Chance mehr.
- Motivation und Fokus auf die wesentlichen Punkte der Aufgabe bleiben hoch.
Fazit: Man nimmt sich etwas vor und zieht es effizient und effektiv durch. Man fängt mit kleinen Aufgaben an und steigert mit der Zeit die Herausforderungen. Auf jeder To-do-Liste wird sich eine Vielzahl von geeigneten Aufgaben finden.
Übung 7:
Sport für mehr Willenskraft
Wer regelmäßig Sport treibt, verbessert seine Willenskraft. Sportler weisen im Allgemeinen bessere Werte hinsichtlich ihrer Fähigkeit zur Selbstregulation (bedeutet: Kontrolle und Steuerung von Aufmerksamkeit, Emotionen und Handlungen) auf.
Für viele ist es allerdings schon eine kaum zu leistende Willenskraftherausforderung, überhaupt regelmäßig Sport zu treiben. Kelly McGonigal empfiehlt deshalb kurze Sporteinheiten mit eher niedriger Intensität.
Ausdauersportarten bieten sich hier ideal an. Kraftsport erfordert – wenn er effizient ausgeführt werden soll – schon einen Grundstock an Willenskraft. In einem nächsten Schritt kann man sich selbst herausfordern, indem man seine Leistung verbessert (z. B. neue Bestzeit laufen usw.). Trotzdem sollte man experimentieren und eine Sportart wählen die auch Spaß macht.
Übung 8:
Gewohnheitsmäßiges Verhalten
bewusst verändern
Hierbei geht es um eine allgemeinere Version von Punkt 2. Allerdings lässt sich diese Trainings-Idee (ungefährliche Routinehandlungen mit der ungeschickten Hand absolvieren) auch allgemeiner formulieren, indem man alltägliche Routinen und Automatismen auf eine andere Art erledigt.
Man könnte z. B. die tägliche Morgenroutine (sinnvoll) abwandeln. Oder man nimmt sich gleich zu Beginn des Tages vor, eine bestimmte Routinetätigkeit heute komplett anders anzugehen. Dabei sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt.
Übung 9:
Täglich kalt duschen
Ich bin mir nicht sicher, ob diese Methode für jeden optimal ist. Bei vielen Menschen ist ausgerechnet am frühen Morgen ein ernsthaftes Willenskraft-Tief der Normalzustand. Das erklärt vermutlich, warum die Straßen und Parks morgens eben nicht mit Joggern überfüllt sind. Und stattdessen die Snooze-Taste des Weckers der beste Freund von vielen sein dürfte.
Es geht darum, idealerweise am Morgen, eiskalt zu duschen. Es genügen bereits wenige Minuten; danach kann man sich auch gerne mit warmen Wasser wieder etwas aufwärmen. Wie bei allen Techniken, die unsere Willenskraft trainieren, geht es letztendlich darum, aus der Comfort-Zone heraus zu kommen; man stellt sich bewusst einer – mehr oder weniger – unangenehmen Herausforderung.
Wer es trotzdem schafft, sich zu dieser unmenschlichen Zeit mit kaltem Wasser zu konfrontieren, profitiert gleich mehrfach: Der Kreislauf kommt schneller in Schwung und man startet mit einem ersten Erfolgserlebnis in den Tag. Schließlich hat man den inneren Schweinehund schon einmal besiegt und man kann sich allen weiteren Herausforderungen mit breiter Brust stellen. Zudem hat man Energiekosten gespart.
Besonders in Phasen, die unangenehme Situationen mit sich bringen, kann die Übung gewinnbringend eingesetzt werden. Präsentationen, Vorstellungsgespräche oder problematische Verhandlungen wären typische Beispiele. Wer den Tag mit einem kleinen Sieg gegen das Unangenehme beginnt, wird auch danach anders auftreten. Umgekehrt kann man sich bereits morgens zum kalten Duschen motivieren, indem man sich fragt: „Wie soll ich denn erst die echten Herausforderungen meistern, wenn ich nicht mal ein klein wenig kaltes Wasser aushalte?“
Übung 10:
Verzichten – Körper siegt über Geist
Sich bewusst für den (zeitlich befristeten) Verzicht entscheiden, ist ebenfalls eine wertvolle Trainingsmethode, die den Willen wachsen lässt. Wie immer sollte man eher leicht einsteigen: Für eine vorher festgelegte Zeitspanne auf ein bestimmtes Genussmittel verzichten wäre eine Möglichkeit.
Eine etwas fortgeschrittenere Variante wäre das in den letzten Jahren (auch in wissenschaftlichen Kreisen) populär gewordene intermittierende Fasten. Hier gibt es unterschiedlich ambitionierte Ansätze wann gefastet oder gegessen wird.
Die Methode kommt ganz ohne esoterischen Klangschalen-Kitsch und Selbstmisshandlung durch Glaubersalz aus. Meiner Meinung nach eine gesunde und auch für Anfänger praktikable Methode um Gewicht zu verlieren und nebenbei den Willen zu stählen.
Übung 11:
Sei härter!
In dem wirklich unterhaltsamen Buch „Tools der Titanen“ von Tim Ferris erzählt Jocko Willink (ehem. Navy SEAL Ausbilder), dass es eine bewusste Entscheidung ist, länger durch- und mehr auszuhalten.
Sein Mantra lautet: „Sei härter!“ Es ist sicher einen Versuch wert, in Momenten der Willenskraft-Schwäche sich genau diesen Satz in Erinnerung zu rufen.
Eine wirklich simple und trotzdem sehr motivierende Technik, die sich bei vielen der vorgestellten Trainingsmethoden zur Verstärkung einsetzen lässt.
Übung 12:
Zehn Minuten warten kann die Rettung sein
Hier handelt es sich weniger um eine spezielle Trainingstechnik als vielmehr um den Reservefallschirm, wenn die Willenskraft wie ein Marshmallow über dem Feuer dahinschmilzt.
Droht sich der Wille im unmittelbaren Angesicht der Versuchung zu verabschieden, sollte man folgende Strategie anwenden: Die Versuchung muss aus dem Blickfeld verschwinden und man wartet einfach zehn Minuten, bis man die endgültige Entscheidung trifft.
Der Gedanke, der hinter der Methode steckt, sieht folgendermaßen aus: Evolutionär betrachtet machte es fast immer Sinn, die sich spontan ergebende Chance zu ergreifen – egal ob es sich dabei um Kalorienaufnahme oder die Gelegenheit zur schnellen Fortpflanzung handelte.
Das primitive evolutionäre, dopamingesteuerte Belohnungssystem bringt heute aber eher Ärger als Vorteile. Verbannt man die Versuchung aus den Augen, kann der präfrontale Cortex den triebhaften Urmenschen in uns (hoffentlich) wieder unter Kontrolle bringen.
Übung 13:
Heute werde ich…
Ich gehe davon aus, dass es für jeden am Morgen einen Moment gibt, in dem man vor einem Spiegel steht. Vielleicht kurz bevor man das Haus zur Arbeit verlässt oder nach dem Zähneputzen bzw. Rasieren. Genau solche Momente stellen eine hervorragende Gelegenheit dar, sich für ein Willenskrafttraining selbst zu verpflichten.
Man nutzt diese Situation, um kurz inne zu halten und sich dann die Erfüllung einer bestimmten Willenskraft-Herausforderung zu versprechen. „Heute werde ich statt des Fahrstuhls die Treppe benutzen!“ oder „Bis zum Dienstende werde ich meinen Posteingang vollkommen abgearbeitet haben!“
Übung 14:
Ernährung dokumentieren =
Willenskraft trainieren
In vielen Lebensbereichen laufen wir mehr oder weniger auf Autopilot. Nun sind eingeschliffene Gewohnheiten nicht automatisch gute Gewohnheiten. Daran ändert es auch nichts, dass wir prinzipiell wissen, dass unkontrolliertes Essen oder ebensolcher Medienkonsum langfristig schädlich sind. Sich selbst zu beobachten und zu kontrollieren bedeutet auch, sich das eigene Verhalten bewusst zu machen.
Wer z. B. Tagebuch über seine Ernährung führt, hat den alltäglichen Kontrollverlust dokumentiert. Alleine das reicht aus um die Willenskraft zu trainieren! Sich die eigene Schwäche so vor Augen zu führen, kann stark motivierende Wirkung haben. Schließlich ist man sich darüber bewusst, dass jeder Happen nun vermerkt ist. Außerdem ziehen so die üblichen Ausreden („ich esse doch gar nicht sooo viel“) nicht mehr.
Verstärken kann man die Methode dadurch, dass man die Dokumentation öffentlich macht. Es muss ja nicht gleich das Internet sein – zum Einstieg reicht sicher auch die Familie oder ein gute/r Freund/in. Es ist nun mal so, dass sich Kontrollverluste vor Zeugen nicht so leicht unter den Teppich kehren lassen.
Übung 15:
Bewusster Umgang mit Willenskraft
Willenskraft ist eine knappe Ressource, mit der man nicht verschwenderisch umgehen sollte. Noch besser: Man weiß genau, wofür man sie einsetzen will.
Um sich diese Frage beantworten zu können, sollte man in regelmäßigen Abständen eine Bestandsaufnahme vornehmen:
- Was habe ich bereits erreicht?
- Was könnte besser sein?
- Wo besteht echter Handlungsbedarf?
- Was will ich wirklich?
Die Fragen und Antworten sollte man schriftlich festhalten und sich immer wieder in Erinnerung rufen. So gewinnt man Klarheit über Prioritäten und Willenskraft kann zielgerichteter zum Einsatz kommen.
Fazit:
Willenskraft trainieren
ist für jeden möglich!
Niemand hat einen unbezwingbaren Willen. Auch wird kein Willenskrafttraining jemals einen solchen erschaffen können. Punkt. Trotzdem ist es möglich und auch sinnvoll, aus diesem typisch menschlichen Schwachpunkt das Beste zu machen. Nur so kann man sein Potenzial angemessen nutzen und all die negativen Aspekte des Kontrollverlustes minimieren.
Es wird immer Rückschläge und Misserfolge geben. Man wird ungeliebte Tätigkeiten aufschieben und den schnellen – oft schädlichen – Genuss der klugen umsichtigen Entscheidung vorziehen. Das ist aber alles kein Grund zur Kapitulation! Man sollte sich nie mit dem defizitären Ist-Zustand abfinden oder zufriedengeben.
Misserfolge sollten immer einen Ansporn darstellen, um Lösungswege und Ansätze für Verbesserungen zu finden. Aus Fehlern lernen und die Willenskraft trainieren wird sich langfristig auszahlen. Garantiert! Deshalb gleich mit einer Übung anfangen; am besten sofort!