Die Ablage für private Dokumente verkommt nicht selten zu einer letzten Ruhestätte für längst überflüssig gewordenen Papierkram. Ein radikaler Schnitt ist nötig, um die fett gewordenen Ordner wieder in Form zu bringen. Zusätzlich wird der Grundstein für eine übersichtliche Struktur gelegt, damit in Zukunft jedes Dokument seinen richtigen Platz findet.
Inhalt
Wenn die private Ablage aus allen Nähten platzt
„Auch das Chaos gruppiert sich um einen festen Punkt, sonst wäre es nicht einmal als Chaos da.“
Arthur Schnitzler
(1862 – 1931)
Der Blick in die persönliche Galerie aus Leitz-Ordnern kann durchaus den Charakter einer Zeitreise annehmen. Man ist schwer beeindruckt, wenn man auf Kaufbeleg und Bedienungsanleitung des 15-Zoll Röhren-Monitors von 1998 stößt. Nostalgische Erinnerungen werden wach, wenn der leicht angegilbte Ausbildungsvertrag und Rechnungen mit D-Mark Beträgen am Auge vorbeiziehen.
Die Kehrseite der Medaille ist eine unübersichtliche aus allen Nähten geplatzte Ablage. Die private Ablage sollte ausschließlich Dokumente beherbergen, die ein Mindestmaß an Relevanz aufweisen. Mit diesen Vorgaben im Hinterkopf wird Schritt für Schritt Übersicht und Ordnung in den Blätterwald gebracht.
Welche Dokumente müssen Privatpersonen wie lange aufheben?
Bevor man den Reißwolf anwirft, sollte man sich bewusst machen, welche Aufbewahrungsfristen auch Privatpersonen bei ihren Unterlagen berücksichtigen müssen. Hier ein kompakter Überblick.
Das ganze Leben lang
- Standesamtliche Urkunden wie z. B. Geburts- oder Heiratsurkunden sowie Sterbeurkunden
- Schul- und Hochschulzeugnisse
- Berufsabschlüsse
- Belege, die Immobilienbesitz ausweisen
Bis zur Rente
- Alles, was den beruflichen Werdegang dokumentiert; vor allem Arbeitsverträge und Kündigungen
- Unterlagen zu Rentenansprüchen, Sozialversicherungsnachweise
Für die jeweilige Laufzeit
- Versicherungspolicen
- Geldanlage (z. B. Sparplan oder Lebensversicherung)
30 Jahre
- Gerichtsurteile
- Kreditunterlagen
5 Jahre
- Handwerkerrechnungen (Hausbau!)
4 Jahre
- Kontoauszüge
3 Jahre
- Alte Mietverträge und zugehörige Dokumente wie Übergabeprotokolle oder Kautionsquittungen
2 Jahre
- Belege und Rechnungen, aus denen Garantie- und Gewährleistungsansprüche hervorgehen
Die Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, liefert aber für die wichtigsten Dokumenttypen eine erste Orientierung. Jetzt fehlen nur noch ein paar kleine Vorbereitungen und es kann so richtig losgehen.
Vorbereitungen: Was benötigt wird
Da steh‘ ich schon, des Chaos vielgeliebter Sohn!
Johann Wolfgang von Goethe
(1749 – 1832)
Damit aus Papierkram eine gepflegte Ablage werden kann, sind einige Vorbereitungen zu treffen.
- Es braucht Zeit! Je nach Größe des Haushalts und Vermüllungsgrad der Ablage müssen ein bis zwei Tage eingeplant werden. Wobei zwei Tage auch in extremen Fällen ausreichen sollten.
- Störungen minimieren! Nichts nervt mehr, als wenn der Arbeitsfluss durch WhatsApp, Freunde und Familienmitglieder dauernd unterbrochen wird.
- Büromaterialien (falls Bedarf besteht) besorgen!
- Ordner A4
- Trennblätter
- Klarsichthüllen (nur für „lebenslange“ Dokumente)
- Schreibblock
- dicker Filzstift
- Bleistift
- Sonstiges
- Platz schaffen! Ideal, wenn ein Bereich des Fußbodens als vorübergehende Ablage dienen kann
- Kiste oder Wäschekorb für aussortierte Papiere
Wie ich finde, hat es eine motivierende Wirkung, wenn man sich neue und vor allem einheitliche Ordner bzw. Ordnungssysteme besorgt. Wobei das natürlich Geschmackssache ist und keine entscheidende Bedeutung für die Qualität der Ablage haben wird.
Ordner versus Hängeregister
Zum Ablagemedium an sich: Meiner Meinung nach sind die klassischen Heftordner im Format A4 für den privaten Gebrauch eine sehr gut geeignete Lösung. Sie sind günstig und erfüllen ihren Zweck.
Im privaten Bereich werden die meisten Dokumente fest abgelegt, d. h. sie werden zwecks Weiterbearbeitung nicht immer wieder hervorgeholt. Es stört deshalb nicht, dass Stehordner im Vergleich zu Hängeregistern „langsamer“ sind. Zudem lassen sie sich gut in Regalen unterbringen.
Hängeregister haben, was die Funktionalität angeht zwar Vorteile (sehr schneller Überblick, kein Lochen notwendig). Aber sie kosten deutlich mehr und versprühen den Charme eines professionellen Büros – Geschmackssache, ob man das auch zuhause haben möchte.
Wie viele Ordner werden benötigt?
Die meisten werden bereits ihre Unterlagen in Ordnern aufbewahren und auch ein mehr oder weniger gelungenes Ordnungssystem verfolgen. In diesem Fall wird die Anzahl der benötigten Ordner in etwa gleich bleiben.
Für Härtefälle, die bisher ihre Unterlagen in Schubladen und Kisten gelagert haben (das soll ja tatsächlich vorkommen), können zwischen fünf und zehn Ordner anfallen.
Eine grundlegende Empfehlung ist unbedingt zu beherzigen: Die Ordner sollten nicht bis an ihr Limit vollgestopft werden! 50 bis 70 Prozent Füllung mit Papieren sind in Ordnung. So bleiben noch ausreichend Reserven und das generelle Handling profitiert ebenfalls.
Wer die Anschaffung von am Schluss nicht benötigten Ordnern vermeiden will, sollte zuerst wenigstens die Hälfte der Papiere nach der folgenden Anleitung durcharbeiten. Es dürfte dann möglich sein, die benötigte Menge abzuschätzen.
Papierkram entmüllen: Schritt für Schritt
Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt. In unserem Fall ist das natürlich der erste Ordner. Blatt für Blatt wird gesichtet und bewertet. Keine Frage, das ist ein ordentliches Stück monotoner Arbeit. Aber es zahlt sich aus! Zwei Dinge leistet diese Maßnahme: Erstens werden die nicht mehr benötigten Dokumente aus der Ablage entfernt; zweitens die Dokumente einer ersten Sortierung unterzogen.
Die Frage aller Fragen:
Kann das weg?
Wenn man die oben genannte Liste als Referenz heranzieht, wird klar, dass jede Menge Platz in den Ordnern freizuschaufeln ist. Trotzdem noch ein paar Anregungen und Gedanken, was das Wegwerfen angeht.
Sensible Dokumente richtig entsorgen:
Aktenvernichter unvermeidbar
Wenn bei der Aufräumaktion größere Mengen sensibler Dokumente (Bankunterlagen, medizinische Schriftstücke) anfallen und man in der Regel kein Papier zum Feuermachen benötigt, lohnt sich die Anschaffung eines Aktenvernichters. Ideal, wenn diese auch für Bank- und sonstige Plastikkarten mit Datenchips sowie Daten-CDs geeignet sind.
Briefverkehr mit Behörden:
Entsorgen falls erledigt!
Alle Briefe, die älter als drei Monate sind und sich auf erledigte Sachverhalte beziehen: weg damit! Vorsicht ist nur geboten, wenn sie in unmittelbarem Zusammenhang zu den oben genannten Fristen stehen.
Verträge und Abos:
Wenn gekündigt – weg damit!
Es gibt keine guten Gründe, warum man gekündigte Verträge von Fitnessstudios, Mobilfunkverträgen oder Stromanbietern weiter aufbewahren sollte. Gleiches gilt für Zeitungsabos und Vergleichbares.
Gehaltsabrechnungen:
Keine Aufbewahrungspflicht bei Arbeitnehmern!
Schön, wenn die Gehaltsnachweise der letzten paar Jahre akkurat abgeheftet sind – und ebenfalls vollkommen überflüssig! Es gibt für Arbeitnehmer keine Aufbewahrungspflicht für diese Dokumente. Allerdings verlangen Banken bei Kreditanfragen und immer öfter auch Vermieter die letzten drei Gehaltsnachweise.
Da der Arbeitgeber diese Belege für sechs Jahre aufbewahren muss, gibt es immer die Möglichkeit, auf diese Informationen zuzugreifen – solange der Arbeitgeber nicht pleitegeht und „verschwindet“.
Mein Vorschlag: Gehaltsnachweise immer zum Jahreswechsel entsorgen; außer die letzten drei Monate.
Bedienungsanleitungen:
Zu 90 Prozent Altpapier!
Es ist wirklich erstaunlich. Bedienungsanleitungen sind mit die größten Platzfresser in Ablageordnern, lassen sich schlecht abheften und kaum in eine Klarsichthülle quetschen. Trotzdem umgibt sie eine Aura der Unantastbarkeit. Im Umfang wie ein örtliches Telefonbuch aus den Achtzigern, in 15 Sprachen verfasst und der Info, dass man mit einem Föhn oder anderem elektrischen Gerät nicht in die Badewanne oder Dusche steigen sollte.
Meine These: Von zehn Bedienungsanleitungen könnten es sich neun sofort in der blauen Tonne gemütlich machen. Meist sind sie als PDF online auf der Herstellerseite verfügbar. Im Zweifelsfall kann man die zwei bis drei wirklich relevanten Seiten heraustrennen oder kopieren. Auch das Abheften klappt dann besser.
In allen Zweifelsfällen sollte man sich die Frage stellen, ob man das betreffende Dokument überhaupt schon einmal benötigt hat. Oder anders gefragt: Könnte es ernsthafte Probleme nach sich ziehen, wenn es entsorgt wird? Abgesehen von den entsorgten Papieren bleiben – Überraschung – drei Typen von Dokumenten übrig.
Typ A:
Kurz- oder langfristig wichtige Dokumente
Diese bilden den größten Teil der Ablage. Schon jetzt werden sie – falls noch nicht geschehen – nach Themen grob vorsortiert.
- Zeugnisse und Urkunden
- Rechnungen, Garantien
- Versicherungen
- Bank
- Altersvorsorge
- Wohnen
- Auto
- usw.
Zum jetzigen Zeitpunkt machen wir uns noch keine Gedanken wegen der 100 Prozent genauen Zuordnung jedes Dokuments. Für Zweifelsfälle liefert der nächste Punkt eine pragmatische Lösung. Das Problemen von Überschneidungen und schwammigen Abgrenzungen wird ebenfalls später angegangen. Es genügt einzelne Stapel zu bilden. Obenauf legt man ein mit dem jeweiligen Themenbereich beschriftetes Blatt.
Typ B:
Ein Stapel für Zweifelsfälle
Von entscheidender Bedeutung für das gesamte Projekt ist Klarheit. Fehlt diese, kommen die Bemühungen ins Stocken und Frustration macht sich breit. Um zu verhindern, dass man immer wieder ins Grübeln verfällt, gibt es einen Ablagestapel für Zweifelsfälle. Dieser wird zu einem fixen späteren Termin noch mal hervorgeholt und dann endgültig abgearbeitet.
Typ C:
Nicht wichtig aber mit Erinnerungswert
Mir ging es immer wieder so, dass ich in den alten Unterlagen auf historische Erinnerungs-Perlen gestoßen bin. Ein unsägliches Arbeitszeugnis meiner Zivildienststelle oder die bestandene Aufnahmeprüfung fürs Gymnasium – es fällt schwer, sich von diesem bunten Erinnerungs-Potpourri zu trennen. Und das muss auch nicht sein.
Für solche Fälle wird ein weiterer Stapel angelegt, der in einem eigenen Ordner abgelegt wird. Die Sachen können dann z. B. chronologisch geordnet werden. Natürlich nur, wenn man das so haben will. Schließlich geht es in diesem Fall nicht darum, auf Kommando in Rekordzeit ein bestimmtes Dokument hervorzaubern zu müssen.
Mehr Ordnung:
Verfallsdatum und Erinnerungsliste
Zwei zusätzliche Maßnahmen machen uns schon in naher Zukunft das Leben deutlich leichter. Natürlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Ordner wieder überquellen werden. Es sei denn, man plant schon jetzt einen festen Termin für die nächste Schrumpfkur. Diesmal aber mit Methode! Jedes abgeheftete Blatt wird in der oberen rechten Ecke mit einem „Verfallsdatum“ versehen. Natürlich nur bei den Dokumenten, die ein solches haben 😉
Bei Rechnungen sind das normalerweise die zwei Jahre für die Garantie- bzw. Gewährleistungsansprüche gelten. Einmal pro Jahr werden die Ordner aus dem Regal genommen und durchgeblättert. Bereits mit einem Blick kann man dann erkennen, was reif für den Papierkorb ist. Dieser Kontrolltermin sollte verbindlich in einem Kalender vermerkt werden.
Und noch ein letzter Punkt ist zu erledigen. Die meisten Verträge verlängern sich automatisch um 12 Monate, wenn man sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist kündigt. Hat man das nicht auf dem Schirm, muss ein weiteres Jahr mit den Konditionen von KFZ-Versicherung, Strom- oder Mobilfunkanbieter leben und kann sich nicht für ein günstigeres Angebot entscheiden.
Um der eigenen Vergesslichkeit ein Schnippchen zu schlagen, wird für alle Verträge die sich automatisch verlängern, eine Erinnerungs-Liste angefertigt. Wichtig ist hier die vorgegebene Kündigungsfrist. Mindestens vier Wochen vorher sollte man sich per Kalender oder Kalender-App an diesen Sachverhalt erinnern lassen. So hat man genügend Zeit für Recherche bzw. um bessere Konditionen herauszuhandeln.
Fazit des ersten Arbeitsschritts:
Schlankere und vorsortierte Ablage
Im Vergleich zum Anfang hat sich bereits einiges getan. Aus einem Wust an Papierkram ist eine geordnete Sammlung relevanter Dokumente geworden. Die Tatsache, dass der Boden von 20 bis 30 Papierstapeln bevölkert wird, sollte nicht weiter beunruhigen. Schließlich besteht jetzt Klarheit darüber, was sich in diesen deutlich reduzierten Stapeln verbirgt.
Der nächste Schritt stellt die größte Herausforderung dar: Wie kann man diese Papierstapel in funktionierende, d. h. eindeutige Ablagekategorien verwandeln? Das größte Problem: Nicht immer ist klar, wo ein Dokument wirklich hingehört.
Eine Rechnung ist nicht selten auch ein Garantienachweis. Zudem bezieht sie sich immer auf einen bestimmten Sachverhalt. So kann es leicht zu mehreren denkbaren Ablagemöglichkeiten kommen. Wie dieses Dilemma aufzulösen ist, erklärt der folgende Beitrag.