To-do-Listen gelten als etabliertes Instrument des Zeit- und Selbstmanagements. Trotzdem ist immer wieder Kritik zu vernehmen. Die Listen seien zu umständlich und aufwendig oder sogar kontraproduktiv. Der Beitrag zeigt, warum To-do-Listen helfen, den Grundstein für eine gelungene Priorisierung zu legen und warum die Kritik an der Methode unbegründet ist.
Inhalt
To-do-Listen: sinnvoll, sinnlos oder unsinnig?
Egal welche Methode aus dem Bereich des Zeit- und Selbstmanagements unter die Lupe genommen wird – es sind drei Auswirkungen denkbar. Im besten Fall überzeugt das Instrument und kann als hilfreich eingestuft werden. Es bewährt sich zum Beispiel dadurch, dass Zeit eingespart wird oder die Nutzung der Zeit an Qualität gewinnt.
Als zweite Bewertung könnte man zu dem Ergebnis kommen, dass sich durch den Einsatz überhaupt nichts verändert hat; die Methode also durch Wirkungslosigkeit glänzt. Der dritte Fall ist dagegen eindeutig unerwünscht: Die Verwendung führt zu negativen Auswirkungen; sie ist kontraproduktiv für das Ziel, Zeit besser zu nutzen.
Und was hat das alles mit To-do-Listen (= Aufgabenlisten) zu tun? Ich bin der Meinung, dass alle drei der vorgestellten Auswirkungen, von positiv über neutral bis hin zu schädlichen Auswirkungen, auf To-do-Listen zutreffen können. Gleiches gilt vermutlich für die meisten der anderen Instrumente und Methoden, die den Umgang mit knapper Zeit optimieren sollen. Fangen wir deshalb gleich mit den kritischen Stimmen zum Thema an. Tatsächlich haben sie nicht völlig unrecht mit ihren Argumenten.
Kritik: To-do-Listen helfen nicht wirklich
Häufig genannte Kritikpunkte gegen die Listenschreiberei beziehen sich auf den Zeitaufwand für die Pflege der To-do-Liste(n) und deren Potenzial als Motivationskiller. Ein weiterer, von mir selbst häufig festgestellter, Effekt besteht darin, dass To-do-Listen zum Selbstzweck werden. Wer fleißig Listen schreibt, generiert damit vor allem ein gutes Gefühl – so als ob tatsächlich an den Aufgaben gearbeitet worden wäre – und sonst nichts. Schauen wir uns die Mängelliste einmal genauer an.
Zeitaufwand zu hoch
Keine Frage: Wer To-do-Listen nutzt, benötigt dafür auch Zeit. Für die meisten Menschen dürfte dieser Aufwand jedoch deutlich weniger als eine halbe Stunde am Tag betragen. Vermutlich genügt insgesamt eine Viertelstunde, um dem Format gerecht zu werden. Ein plötzlich aufflackernder Gedanke: notiert! Einige Male am Tag ein schneller Blick über die Liste: fertig!
Den größten Aufwand stellt, wenn man viele Aufgaben und sehr wenig Zeit hat, das wohlüberlegte Priorisieren dar. Natürlich kann man trotz des überschaubaren Aufwands argumentieren, dass schon diese wenigen Minuten „Listen-Arbeit“ zu viel des Guten sind.
Motivationskiller To-do-Liste?
Ein weiterer Kritikpunkt unterstellt To-do-Listen eine demotivierende Wirkung. Das wird zum einen daran festgemacht, dass der Blick auf die Liste die Gesamtheit der unerledigten Aufgaben darstellt. Dieser „Berg“ an Pflichten – so die Kritiker – bremst ebenso aus wie einzelne Punkte auf der Liste, die sich einfach nicht streichen lassen wollen. Man schiebt sie Liste für Liste vor sich her und ist immer mehr von ihnen genervt.
To-do-Listen sind purer Aktionismus
Besonders wenn sich eine größere Menge an unerledigten Aufgaben angesammelt hat, versucht man wieder Herr der Lage zu werden. In einer solchen Situation bietet sich eine To-do-Liste für Bestandsaufnahme und ersten Überblick logischerweise an.
Mit großer Motivation verfasst man eine Liste, auf der neben aktuellen Aufgaben auch alle offenen „Baustellen“ der letzten zehn Jahre landen. Es fühlt sich gut an, aktiv zu werden.
Letztendlich werden aber nur (wenn überhaupt) wenige Punkte der Liste tatsächlich erledigt. Dann verschwindet sie wieder in den Tiefen der Ablage. Unter Umständen wiederholt sich dieses Spiel viele Male. Außer dem Strohfeuer kurzer Euphorie hat das Ganze nichts gebracht.
Was To-do-Listen (bei richtiger Verwendung) leisten
Den aufgezählten Kritikpunkten ist meiner Meinung nach am besten mit den positiven Aspekten des Instruments zu begegnen. Drei Leistungen schriftlich fixierter Aufgabenlisten sind besonders hervorzuheben. Ihr Nutzen steht außer Frage.
- To-do-Listen helfen den Kopf freizubekommen
- Sie verhindern, dass man Wichtiges vergisst
- Sie bilden die Basis für das Setzen von Prioritäten
To-do-Listen helfen den Kopf freizubekommen
Es soll Menschen geben, die komplett darauf verzichten können, schriftliche Notizen anzufertigen. Beneidenswert. Natürlich könnte das auch daran liegen, dass sie keine wichtigen Verpflichtungen und Aufgaben haben. So ist es kein Problem, einfach in den Tag „hineinzuleben“ und die Dinge auf sich zukommen zu lassen.
Für alle anderen, die eine Fülle an Aufgaben und Verpflichtungen nachkommen müssen, ist dieses Vorgehen wenig klug. Ein großer Teil der geistigen Kapazitäten muss dann darauf verwendet werden, die ganzen Aufgaben nicht aus den Augen zu verlieren. Und wer will schon einen ständig mahnend erhobenen „Zeigarnik-Finger“ im Kopf für all das, was noch zu tun ist?
Zudem stellt sich immer die Frage, was als Nächstes zu tun ist. Klingt anstrengend – und das ist es auch. Kein Wunder, wenn der Kopf irgendwann zu „rauchen“ anfängt.
Die ultimative Waffe gegen Vergesslichkeit
Das gravierendste Problem ist sicher die Gefahr des Vergessens. Bereits die unspektakuläre Einkaufsliste im privaten Bereich kann Effizienz-Wunder bewirken. Zusätzliche Fahrten in den Supermarkt wegen vergessener Dinge können weitestgehend vermieden werden. Ewiges Grübeln („Habe ich jetzt wirklich alles – oder fehlt doch noch etwas?“) entfällt zudem.
Vergesslichkeit bei Einkäufen kostet zwar Zeit, ist aber meistens nur ein kleines Ärgernis. Im Job kann viel davon abhängen, dass alle Aufgaben zuverlässig bearbeitet werden. Kollegen und Vorgesetzte erwarten das. Man tut deshalb gut daran, ein leicht anwendbares Mittel gegen Vergesslichkeit einzusetzen: eben eine Aufgabenliste.
To-do-Listen helfen beim Priorisieren
Ein wildes Sammelsurium aller noch nicht erledigter Posten mag ein adäquates Rezept gegen Vergesslichkeit darstellen. Der „Heilige Gral“ des klugen Umgangs mit Zeit ist damit noch nicht gefunden. Denn um begrenzter Zeit gerecht zu werden, muss man priorisieren – d. h. das Wichtige (und/oder Dringliche) landet oben auf der Agenda!
Die Übersichtlichkeit einer Liste ist ideal, um eine Sortierung nach Priorität vorzunehmen. Erweitert um Ansätze wie A-B-C-Analyse und Fristen („Deadlines“) sind To-do-Listen für die grundlegende Prioritätensetzung ideal.
Was bleibt von der Kritik?
- Das Argument des zu hohen Zeitaufwands ist unbegründet. Vergessene Aufgaben (und Einkäufe) kosten Zeit und Nerven. Die wenigen Minuten am Tag, die der Liste gewidmet werden muss, wird um ein Vielfaches wieder hereingeholt.
- To-do-Listen sind keine „Motivationskiller“ im schlimmsten Fall zeigen sie uns lediglich, dass unsere Motivation schon lange am Boden liegt. Wer massiven Widerwillen gegen seinen Job oder bestimmte Aufgaben verspürt, wird diesen auch mit einer Liste nicht attraktiver machen.
Wenn die Frustration dann zunimmt, ist das nur ein Warnsignal: Offensichtlich verbringt man einen nicht unerheblichen Teil seines Lebens mit verhassten Tätigkeiten. In Schriftform vor Augen geführt, ist das nicht mehr zu leugnen. Letztendlich auch eine Erkenntnis. Im günstigeren Fall wird man stattdessen aktiv und erledigt die nervenden „Baustellen“.
- Dass To-do-Listen zum Selbstzweck werden können und echter Aktivität vorgeschoben werden, ist ein ähnlicher Mechanismus. Vermeidungsverhalten und Aufschieben ist ein großes Problem, das in der Regel charakterliche (Selbstdisziplin) wenn nicht gar psychische Ursachen hat. Solche Probleme sind nun mal nicht mit einem Stift und Blatt Papier in den Griff zu bekommen. Hier braucht es oft (professionelle) Unterstützung. Als Argument gegen die Methode dienen diese Sachverhalte aber ebenfalls nicht.
Fazit:
Positive Aspekte überwiegen
Der Nutzen, den To-do-Listen bringen, überwiegt den zeitlichen Aufwand um ein Vielfaches. Die Schriftform schützt vor Vergesslichkeit und führt automatisch dazu, dass eine klarere Struktur entsteht. Man muss die Gedanken in Worte formulieren – ein nicht zu unterschätzender Transfer, der für mehr Klarheit sorgt.
Auf To-do-Listen haben Punkte wie „Ein- und Ausatmen nicht vergessen“ nichts verloren. Kleinkram ist immer direkt zu erledigen (Direkt-Prinzip). Damit es nicht nur beim Verfassen immer neuer und längerer Listen bleibt, ein Ratschlag: Arbeitet mit der Liste! Punkte abarbeiten ist die erste To-do-Listen-Pflicht! To-do-Listen helfen in jedem Bereich des Lebens, souveräner und entspannter mit Zeit umzugehen.