
Wenn es hart auf hart kommt – die ultimative Liste!
To-do-Listen gelten als das ultimative Werkzeug gelungener Selbstorganisation. Sie seien die perfekte Erinnerungsstütze und geben der täglichen Arbeit Struktur. Vor allem behält man immer den Überblick und setzt Prioritäten. So weit, so unrealistisch. Viel zu oft bleibt es beim Schreiben immer neuer und längerer Listen, ohne dass sich die versprochenen positiven Effekte einstellen. Der Beitrag entlarvt die Fallstricke, die To-do-Listen sabotieren. Dazu kommen Tipps, um echten Nutzen aus der Methode zu ziehen.
Inhalt
Erwartungen an To-do-Listen
Wer träumt nicht davon, besser organisiert zu sein? Man erledigt seine Aufgaben souverän und ohne Zeitdruck. Jederzeit hat man den Überblick darüber, was wichtig und noch zu tun ist. To-do-Listen versprechen diesen Traum von einem besseren Ich Realität werden zu lassen. Sie sollen als Erinnerungskrücke und Prioritätenkompass dienen.
Dabei kommt es der Methode zugute, dass sie von uns allen schon seit eh und je angewendet wurde. In der Schule gab es ein Hausaufgabenheft, das der Ausrede „Ich habe meine Aufgaben vergessen“ jegliche Glaubwürdigkeit nahm. Und Einkaufszettel (auch wenn man sie prinzipiell zuhause vergisst) sind in ihrem Nutzen ebenfalls unstrittig.
Es ist naheliegend, dieses Konzept auf alle Lebensbereiche auszudehnen, in denen die Aufgaben zu wachsen und die verfügbare Zeit zu schrumpfen scheint. Trotzdem sind Zweifel angebracht, was diesen „Stein der Weisen“ des Zeit- und Selbstmanagements angeht.
To-do-Listen: nur leere Versprechungen?
Während meines Studiums entwickelte ich mich zum exzessiven To-do-Listen-Schreiber. Aus heutiger Sicht waren meine Bemühungen allerdings reiner Aktionismus. Während ich die einzelnen Punkte notierte, entwickelte ich einen quasi-euphorischen Bewusstseinszustand – so, als ob ich tatsächlich schon angefangen hätte, die Liste abzuarbeiten.
Die Aufstellung mutierte dabei schleichend zu einem stattlichen Werk. Die einzelnen Einträge variierten dabei von „Müll rausbringen“ bis zu „Leben in den Griff bekommen durch besseres Zeitmanagement“. Meistens arbeitete ich zwei bis drei der Punkte ab und die Liste verschwand anschließend in den Tiefen meines Ablagekorbs.
Den hatte ich natürlich nicht aufgeräumt (das wäre Punkt 48 auf meiner Liste gewesen). Aus den Augen, aus dem Sinn und das Spiel konnte bei nächster Gelegenheit von vorn beginnen. Offensichtlich war meine Methodik noch ausbaufähig.
Wie man To-do-Listen klug nutzt
Eins muss klar sein: To-do-Listen sind nicht der Heilige Gral des Zeitmanagements, sondern in erster Linie hilfreiche Werkzeuge. Ich wähle hier absichtlich den Plural, weil es nicht „die“ perfekte Liste gibt. Jeder muss mit der eigenen Umsetzung experimentieren. Die ideale Liste ist die, die ihren Zweck angemessen erfüllt.
Der Umgang mit To-do-Listen will gelernt und geübt werden. Nur weil ich Pinsel, Farbe und Leinwand besitze, bin ich schließlich noch kein Maler. Übung macht den Meister – gleiches gilt für unsere Listen. Die folgenden zehn Punkte sollen helfen, die größten Fehler zu vermeiden.
1. Nicht unnötig kompliziert!
Die Liste sollte nur so komplex sein, wie es die Aufgaben auch tatsächlich erfordern. Bei einem Einkaufszettel würde man wohl kaum den Bearbeitungsstatus und farbig gemarkerte Kategorisierungen eintragen. Nicht jeder braucht eine komplexe Projektmanagementsoftware um seinen Alltag zu organisieren. Mein Vorschlag: Warum nicht ein Blatt Papier?
2. Nicht jeden Pillepalle auf die Liste setzen!
Schon klar – es ist ein tolles Gefühl, wenn man einen Punkt von der Liste streichen kann. Das verleitet allerdings dazu, Banalitäten auf die Liste zu setzen, die in kürzester Zeit zu erledigen wären. Plötzlich stehen „Papierkorb leeren“ und „überfällige Steuererklärung machen“ gleichberechtigt nebeneinander. Hier lautet die Empfehlung: Kleine Aufgaben immer sofort erledigen!
Was erledigt ist, bindet keine Aufmerksamkeit und kann nicht mehr ablenken. Zusätzlich bleibt die Liste überschaubar. Bevor man etwas notiert, sollte man sich immer die Frage stellen, ob es nicht sofort erledigt werden kann. Alle Aufgaben, die in wenigen Minuten abgeschlossen werden können, fallen in die Kategorie „erledige-es-sofort!“. Mit der Zeit erfolgt diese Bewertung automatisch. Als To-do-Listen-Novize sollte man so eine „Qualitätskontrolle“ jedoch bewusst einüben.
3. Ein fester Ort für die Liste(n)!
Eine Aufgabe, die einem in den Sinn kommt, sollte man sofort aufschreiben! Weniger gut ist es, wenn sich irgendwann ein unübersichtlicher Stapel aus Zetteln, Post-its und vollgekritzelten Papierservietten angesammelt hat. Eventuell noch auf die verschiedensten Plätze verteilt. Klüger ist es, einen festen Platz für die Liste(n) zu bestimmen.
Das kann ein Ordner oder eine Kladde mit Blankoseiten sein. Sogar ein Blatt Papier ist o. k. – Zettelwirtschaft ist aber auf jeden Fall zu vermeiden! Wenn man die Liste nicht dabei hat, kann das Smartphone oder ein kleines Notizbuch als Erinnerungsstütze dienen. Diese Notizen werden dann so schnell wie möglich in die Haupt-To-do-Liste übertragen.
4. Listenkontrolle muss zum täglichen Ritual werden!
Die Liste muss mindestens zweimal täglich (vermutlich aber öfter) durchgegangen werden. Zum Einstieg in den Tag für die Tagesplanung und zwecks Kontrolle der erledigten Punkte am Ende des Tages. Wenn neue Aufgaben eingetragen werden, ist das auch eine gute Gelegenheit, die Liste kurz zu überfliegen.
5. Ähnliche Aufgaben bündeln!
Mails oder Telefonate in Blöcken erledigen steigert die Effizienz deutlich. Durch die Listenform kann man sich schnell einen Überblick darüber verschaffen, welche Aufgaben gleich oder ähnlich sind. Zusammengefasst erledigt man sie schneller.
6. Komplexe Aufgaben in Arbeitsschritte zerlegen!
Bestehen Aufgaben aus einer ganzen Reihe von Teilaufgaben, sind diese jeweils einzeln aufzulisten. Nehmen wir beispielsweise die anstehende Steuererklärung. Die Aufgabe kann, zerlegt in ihre wichtigsten Arbeitsschritte, strukturierter angegangen werden. Sammeln und sortieren der Unterlagen, Beschaffung/Installation der Steuersoftware, etc. Die Planung des Zeitbedarfs wird ebenfalls erleichtert. Aus psychologischer Sicht ergibt sich der Vorteil, dass große Projekte, in ihre Teilaufgaben zerlegt, als leichter bewältigbar erscheinen.
7. Zwei oder mehr Listen für mehr Übersicht anlegen!
Eine einzelne Liste, für alle Aufgaben, kann leicht unübersichtlich werden. Eine Trennung in „Arbeit“ und „Privates“ ist naheliegend. David Allen zeigt in seinem To-do-Listen-Klassiker „Wie ich die Dinge geregelt kriege“ (im Original: Getting Things done) ein sehr ausdifferenziertes System, in dem sowohl thematisch als auch nach dem Planungshorizont unterschiedene Listen vorgestellt werden. Je nach Bedarf macht eine Gliederung in weitere Unterlisten Sinn.
Möchte ich mich in meiner Freizeit z. B. auf einen Marathon vorbereiten, so könnte das in einer eigenen Liste (Unterlisten: Trainingsplanung, Gewichtskontrolle, Ernährung) resultieren. Langfristige Ziele, die häufig nicht dringlich sind (zehn Kilogramm abnehmen, eine Sprache lernen, Computerkurs machen), werden ebenfalls in eigenen Aufstellungen erfasst. Was zeitnah in Angriff genommen werden soll, landet auf der „Liste der nächsten Schritte“.
8. Tagesplanung gegen Demotivation!
Der größte Fehler ist eine zu umfangreiche Aufgabenliste für den einzelnen Tag. Wenn man sich ein vollkommen unrealistisches Programm vornimmt, sind Frustration und Demotivation garantiert. Eine bessere Lösung ist es, alle Aufgaben zuerst schriftlich festzuhalten. Dabei ist es erst einmal völlig egal, wie der zeitliche Aufwand ausfallen wird. Aus dieser Aufgabensammlung leitet sich im nächsten Schritt die Planung für den nächsten Tag und/oder die nächste Woche ab. Dafür bedarf es der Fähigkeit, Prioritäten zu setzen und die jeweiligen Bearbeitungszeiten abzuschätzen. Hilfreich sind hier weiterführende Techniken wie die ALPEN-Methode oder die Eisenhower-Matrix.
9. Altlasten entsorgen!
Wenn sich einzelne Punkte hartnäckig in der Liste festsetzen und im schlimmsten Fall über Monate aufgeschoben werden, ist das ein Alarmsignal. Eventuell besteht ein so großer Widerwille gegen die Aufgabe, dass man sie immer wieder verschleppt. Prinzipiell sind alle Einträge, die älter als ein Monat sind, zu prüfen. Sind sie überhaupt wichtig oder können sie gestrichen werden? Unbeliebte Aufgaben, die bei Nichterledigung Probleme verursachen, müssen dagegen in Angriff genommen werden. Hier greift der nächste Punkt: Man sollte einfach mit der Bearbeitung anfangen!
10. Einfach anfangen!
Vielleicht der wichtigste Ratschlag von allen. Bevor man den ganzen Tag mit Listenschreiberei, Planung und Prioritätensetzung verbringt, ist es besser, nach einer kurzen Durchsicht mit den Aufgaben direkt anzufangen. Ist man sich unsicher, wie man die Prioritäten setzen soll, hilft folgende Frage: Welche Aufgabe ist mir am unangenehmsten? Hat man sich dazu durchgerungen, den Tag gleich mit einer unbeliebten Aufgabe zu beginnen, wird alles, was folgt leichter. Kleinere Zeitfenster im Tagesverlauf, die nicht verplant sind, sind durch einen kurzen Blick auf die Liste mit einer passenden „Minitätigkeit“ sinnvoll zu füllen. Handeln bringt viel mehr als permanent grübeln, was man tun könnte.
Fazit: Nutzt To-do-Listen – aber richtig!