Was bringt die größten Zeitgewinne? Wo soll man im Kampf gegen Stress und Hetze anfangen? Die Antwort klingt wie eine Binsenweisheit: natürlich bei sich selbst! Das Problem liegt darin, dass ein großer Teil unseres täglichen Handelns automatisch abläuft. Das mag ökonomisch sein. Aber wenn sich unbemerkt Zeitfresser und fragwürdige Gewohnheiten eingeschlichen haben, wird es Zeit für eine Inventur. Der Beitrag zeigt, wie man Zeitfresser erkennen und ausschalten kann.
Inhalt
Selbsterkenntnis bringt Entwicklung
„Die Selbsterkenntnis gibt dem Menschen das meiste Gute, die Selbsttäuschung aber das meiste Übel.“
Sokrates
Schon die alten Griechen wussten um den Wert des Selbst-Checks. „Erkenne dich selbst“ stand an einer Säule des Apoll-Tempels in Delphi und kann zweierlei bedeuten: Niemand ist perfekt, jeder hat Macken und Mängel. Wir alle sind sterblich. Es besteht somit keine Veranlassung zu Größenwahn und Allmachtsfantasien.
Die andere, weniger statisch-resignierende, Lesart geht einen Schritt weiter: Selbsterkenntnis bedeutet ebenfalls, eigenes Handeln zu hinterfragen. Wer das tut, findet wertvolle Ansätze um sich weiterzuentwickeln. Selbsterkenntnis ist eben auch der erste Schritt zur Besserung. Das gilt ganz besonders für den Umgang mit Zeit.
Zeitfresser erkennen und ausschalten
Um geeignete Strategien gegen Zeitfresser entwickeln zu können, muss zuerst eine Bestandsaufnahme erfolgen. Leider ist man, was das eigene Verhalten angeht, oft mit einer gewissen Betriebsblindheit gestraft. Deshalb werden im Beitrag eine Reihe typischer Verhaltensweisen und Situationen aufgelistet, die zu Zeitverschwendung führen.
Um eine bessere Übersicht zu gewährleisten, wird in drei Bereiche aufgeteilt. Zuerst geht es um die Vorbereitung auf anstehende Aufgaben, also die Planung. Der zweite Bereich ist der konkreten Umsetzung gewidmet. Der Dritte schließlich beschäftigt sich mit schlechten Rahmenbedingungen, die ebenfalls viel Zeit verschlingen können. Die vorgestellten Punkte sind sowohl für das Berufsleben als auch den privaten Bereich bedeutsam.
Zeitfresser erkennen Teil 1: Wie bereite ich mich auf meine Aufgaben vor (Planung)?
-
Bereite ich mich entweder schlecht oder auch gar nicht auf anstehende Aufgaben vor?
- Zeitfresser: Schlechte Vorbereitung verhindert effektive Durchführung von nahezu jeder Aufgabe!
- Ursachen: Oft ist einfach die Zeit zu knapp, um sich auf Anstehendes gut vorbereiten zu können. Es gibt aber auch die Improvisationstalente unter uns: Für sie zeigt die Erfahrung, dass es auch so geht. Entsprechend niedrig ist die Motivation, das eingeschliffene Verhalten zu ändern.
- Lösungsansätze: Angemessene Vorbereitung spart immer Zeit! Ob es dabei um den vorab geschriebenen Einkaufszettel oder die Projektplanung im Job handelt. Deshalb sollte man unbedingt Zeit für Vorbereitung und Planung schaffen. Für die notorischen Nicht-Planer: Nur zur Probe den Versuch wagen und Arbeitsvorbereitungs-Maßnahmen ausprobieren. Dann den Nutzen bewerten.
- Zeitfresser: Schlechte Vorbereitung verhindert effektive Durchführung von nahezu jeder Aufgabe!
-
Vorbereitung wird übertrieben
- Zeitfresser: Übertriebene Vorbereitung kostet zwar Zeit, bringt aber kaum zusätzlichen Nutzen!
- Ursachen: Wer vorab möglichst alle Fakten wissen und so das anschließende Handeln optimieren will, wird unweigerlich Zeitprobleme bekommen. Typisch ist dieses Verhalten für alle, die nur schlecht dazu in der Lage sind, das Wesentliche zu erkennen. Zudem werden die Fähigkeiten der eigenen Person oft über- und die der anderen unterschätzt (Misstrauen!).
- Lösungsansätze: Man sollte damit aufhören, alles perfekt machen zu wollen. Auch mal Aufgaben an andere delegieren und ihnen Vertrauen entgegenbringen. Generell sollte man lernen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und Prioritäten zu setzen.
- Zeitfresser: Übertriebene Vorbereitung kostet zwar Zeit, bringt aber kaum zusätzlichen Nutzen!
-
Defizite was die Arbeitsmethodik angeht
- Zeitfresser: Grundlegende Kenntnisse in Zielsetzung, Planung und Priorisierung fehlen – Probleme mit Zeitbudget sind garantiert!
- Ursachen: Man will sich vernünftig auf seine Verpflichtungen vorbereiten, ist dazu aber nicht in der Lage. Häufig sind Ziele unzureichend definiert. Man hat keine konkrete Vorstellung davon, was genau zu tun ist – geschweige denn, welche Arbeitsschritte Vorrang haben. Man setzt spontan Prioritäten und neigt zu Aktionismus. Hauptsache etwas getan.
- Lösungsansätze: Klar umrissene Aufgaben und Ziele (Ziele müssen „SMART“ sein). Nur wer sich darüber bewusst ist, was unter dem Strich genau herauskommen soll, kann die entsprechenden Maßnahmen einleiten. Zudem sollte man sich in Grundzügen mit den Methoden für Planung und Effizienzsteigerung auseinandersetzen.
- Zeitfresser: Grundlegende Kenntnisse in Zielsetzung, Planung und Priorisierung fehlen – Probleme mit Zeitbudget sind garantiert!
Zeitfresser erkennen Teil 2: konkrete Umsetzung von Aufgaben
-
Zeit wird schlecht eingeteilt
- Zeitfresser: Zeit ist nicht unbegrenzt vorhanden – schlechte Zeiteinteilung resultiert in Zeitdruck und Stress!
- Ursachen: Solange für eine Aufgabe noch viel Zeit vorhanden ist, wird recherchiert und immer wieder geprüft und optimiert. Oft kommt es zu nicht erwarteten Situationen, auf die sehr zeitintensiv reagiert werden kann/muss. Dabei wird aus den Augen verloren, dass man schleichend den zur Verfügung stehenden zeitlichen Rahmen sprengt.
Schließlich ist man massiv unter Zeitdruck und kann nur mit massiven Anstrengungen oder entsprechend gravierenden Mängeln das Projekt beenden. Im privaten Bereich oft „nur“ ärgerlich (kurz vor Ladenschluss noch schnell einkaufen) im Job gefährlich (Überforderung, Burn-out usw.). Meist liegen die Ursachen in einer Kombination aus überzogenen Ansprüchen an sich selbst bei gleichzeitigem Mangel an Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten.
- Lösungsansätze: Hier hilft nur eine bereits vorab konsequent durchdachte zeitliche Planung, die differenziert für einzelne Arbeitsschritte den zulässigen Zeitaufwand festlegt. Während der Durchführung muss immer wieder kontrolliert werden, ob man sich im Rahmen der Vorgaben bewegt. Auch müssen Pufferzeiten eingeplant werden.
-
Ungeduld und Hektik
- Zeitfresser: Kontrollverlust über den Umgang mit Zeit – mehr zeitfressende Fehler werden gemacht, Lebensqualität sinkt!
- Ursachen: In vielen Lebensbereichen – vor allem im Beruf – gilt es als erstrebenswert, in immer weniger Zeit immer mehr zu leisten. Aber zwischen Produktivität und Pfusch ist unter Umständen nur ein schmaler Grad! Wer versucht, zu viel innerhalb zu kurzer Zeit zu tun, vernachlässigt leicht die Planung und setzt seine Prioritäten falsch. Wichtige Details werden leicht übersehen, vermeidbare Fehler schleichen sich ein. Alles Faktoren, die am Schluss zu mangelhaften Ergebnissen und/oder zeitlichem Mehraufwand führen.
- Lösungsansätze: Schwierig, da die Ursachen und konkreten Bedingungen von Mensch zu Mensch stark variieren können. Generell ist eine Kombination aus Entspannungstechniken und bewusster Wahrnehmung der eigenen Verfassung (innerer Zeitdruck, Gefühl des Gehetztseins etc.) anzustreben.
- Zeitfresser: Kontrollverlust über den Umgang mit Zeit – mehr zeitfressende Fehler werden gemacht, Lebensqualität sinkt!
-
Selbstdisziplin zu schwach
- Zeitfresser: Mangelnde Selbstdisziplin erschwert die Zielerreichung massiv!
- Ursachen: Wenn man wichtige Aufgaben oder auch einzelne Arbeitsschritte immer wieder vor sich herschiebt (Prokrastination) und für jede Ablenkung empfänglich ist, mangelt es offensichtlich an Selbstdisziplin. Möglich, dass man sein ganzes Leben schon mit solchen Problemen zu kämpfen hatte. Vielleicht hapert es auch generell an der Motivation für den jeweiligen Aufgabenbereich.
Im privaten wie beruflichen Leben kann es zur Überlastung kommen, die irgendwann zu Verdrängung und Verweigerung führt. In solchen Fällen wird man noch empfänglicher für Medien-Junk (Fernsehen, Binge Watching, Internetsurfen nur zum Zeitvertreib usw.). Viele Menschen haben zudem große Probleme damit, anderen Wünsche auszuschlagen und nein zu sagen.
- Lösungsansätze: Für das Problem zu geringer Selbstdisziplin kann keine Patentlösung angeboten werden. Das grundlegende Problem besteht darin, in bestimmten Situationen die falschen Dinge zu tun – und das auch zu wissen. Mangelnde Selbstdisziplin geht nahezu immer Hand in Hand mit Schuldgefühlen und Selbstzweifeln. Es funktioniert so gut wie nie, mit dem alleinigen Einsatz von Willenskraft die Situation zu ändern. Willenskraft ist schnell erschöpft und Menschen, die zu wenig Selbstdisziplin haben, sind zudem im Allgemeinen auch keine Willenskraft-Monster. Wirkungsvoller ist es, an den Gewohnheiten zu arbeiten. Schlechte Gewohnheiten abstellen und am besten durch gute ersetzen. Denn Gewohnheiten kosten, wenn sie erst verinnerlicht sind, kaum noch Energie (= Willenskraft) um sie beizubehalten! Aber das ist ein Thema für eine eigene Artikelreihe.
Zeitfresser erkennen Teil 3: ungünstige Rahmenbedingungen
-
Unordnung verbrennt Zeit!
- Zeitfresser: Chaotische Zustände sabotieren den Arbeitsfluss!
- Ursachen: Manche Menschen bevorzugen ein kreatives Chaos in nahezu allen Lebensbereichen. Ordnung wird von ihnen oft als kalt und steril wahrgenommen. Trotzdem: Egal, ob der Schreibtisch oder der Computer zugemüllt ist – die Umsetzung jeder Aufgabe leidet unter Unordnung. Typische Ursachen sind persönliche Desorganisation und zu geringe Selbstdisziplin. Wenn man sich nicht von alten Dingen trennen kann, verschärft sich die Problematik zusätzlich. Unordnung ist im privaten Bereich genau so schädlich wie im Job.
Denn auch für banale Dinge wie zum Beispiel Lebensmitteleinkäufe kann der Zeitaufwand explodieren: Wenn im Kühlschrank das Chaos regiert (abgelaufene Lebensmittel, Durcheinander) wird auch der notwendige Einkauf problematisch. Schließlich ist erst einmal zu klären, was überhaupt gebraucht wird. Immer, wenn Zeit für die Suche nach Schlüsseln, Geldbeutel, Smartphone oder Dokumenten Unmengen an Zeit kostet, stellt sich die Frage, ob Handlungsbedarf besteht.
- Lösungsansätze: Niemand wird über Nacht zum topstrukturierten Ordnungsprofi. Sinnvoll ist es, kleine aber feine Veränderungen schrittweise umzusetzen. Eine der besten Maßnahmen überhaupt ist es, allen (wirklich allen) Dingen einen festen Platz zuzuweisen. Es ist dann nicht mehr nötig, immer wieder Großaufräum-Aktionen zu veranstalten, da es niemals unordentlich wird! Den Anforderungen angemessene Erinnerungs- und Ordnungssysteme sollten eingeführt – oder aktualisiert – werden.
- Zeitfresser: Chaotische Zustände sabotieren den Arbeitsfluss!
-
Schlechter Einfluss des Umfelds
- Zeitfresser: „Ausgebremst werden“ durch Kollegen, Freunde oder Familie
- Ursachen: Wenn die eigenen Ziele vom Umfeld nicht anerkannt werden, resultiert das in der Sabotage oder wenigstens Behinderung dieser Ziele. Wenn der Freundeskreis nur geringen Wert auf Pünktlichkeit legt, wird das unweigerlich auch die eigene Zuverlässigkeit negativ beeinflussen. Gleiches gilt für den Umgang mit der Gesundheit (Übergewicht, Rauchen, Alkohol). Das soziale Umfeld „färbt ab“!
- Lösungsansätze: Wer positive Veränderungen anstrebt – und das gilt nicht nur für den Umgang mit Zeit! – braucht ein Mindestmaß an Unterstützung von den lieben Mitmenschen. Fehlt diese, sollte man seine Kontakte prüfen und, wenn notwendig, auch beenden. Die Erfahrung zeigt, dass Freundschaften nach und nach einschlafen, weil sich Menschen in verschiedene Richtungen entwickeln. Dafür entstehen neu Bindungen, die eine stabilere Basis haben. Es besteht aber auch immer die Chance, dass man sein Umfeld mit gutem Verhalten „ansteckt“! In diesem Fall würden Pünktlichkeit, guter Umgang mit der Gesundheit und ähnlich positive Eigenschaften auch von Familie, Freunden und Kollegen übernommen werden. Dieser Effekt wurde in Studien tatsächlich nachgewiesen.
-
Umfeld beherrscht keinen klugen Umgang mit Zeit
- Zeitfresser: Zeitverschwendung durch unser Umfeld (Störungen, Unterbrechungen, Mangel an Struktur und Kommunikationsfähigkeit) beeinträchtigt auch unsere Tätigkeiten.
- Ursachen: Es gilt für den Beruf wie die Familie gleichermaßen. Man „arbeitet“ mit anderen zusammen um Aufgaben zu stemmen und Ziele zu erreichen. Wenn unsere Mitmenschen selbst große Defizite in Einteilung und Nutzung ihrer Zeit haben, wird sich das auch auf uns auswirken. Unzuverlässigkeit, Unterbrechungen und schlechte Zeiteinteilung sind im Job und auch privat immer für Spannungen gut. Es ist deshalb absolut sinnvoll, an diesen Punkten intensiv zu arbeiten.
- Lösungsansätze: Abgesehen davon, dass man selbst eine Vorstellung davon haben muss, wie Zeit vernünftig eingeteilt und genutzt wird, ist eine Fähigkeit entscheidend: klare, eindeutige Kommunikation auf der Sachebene! Man muss dazu in der Lage sein, die eigenen Interessen und Vorstellungen, sachlich zu vermitteln.
Ein Beispiel: Ein Arbeitskollege kann Privates nicht vom Dienstlichen trennen. Was sich darin ausdrückt, dass er jeden Tag mehrfach Geschichten von seinen Kindern, Hobbys, Hund und Katze erzählt. Dabei ist ihm egal, was andere gerade tun/arbeiten. Oft staut sich nach und nach Ärger über den nervigen Kollegen auf, der sich irgendwann in einem nicht sonderlich freundlichen „bin beschäftigt“ entlädt. Besser ist es, schon frühzeitig die Situation zu klären: „Entschuldige, ich bin gerade beschäftigt – wir können gerne in der Pause weiterplaudern.“ Ähnliches gilt für zeitfressende Besprechungen: Es braucht jemand, der die Grundlagen effektiver Kommunikation beherrscht und ständiges Abschweifen verhindert. Struktur und Klarheit sind auch hier die Eckpunkte.
Praxistipp:
Zeitfresser erfassen, Ursachen erkennen und individuelle Lösungsansätze entwickeln!
Die Formen, in denen Zeitfresser auftreten, sind enorm vielfältig und in einem Beitrag wie diesem nur exemplarisch darzustellen. Für die eigene Situation sollte man deshalb bewusst nach allen Verhaltensweisen und Situationen Ausschau halten, die zu Zeitproblemen führen. Mit einer simplen Tabelle kann die erste Bestandsaufnahme erfolgen. Und dann geht es denn Zeitfressern (hoffentlich) an den Kragen!