Viel zu tun und wenig Zeit. Zusätzlich läuft so ziemlich alles schief, was nur irgendwie schief laufen kann. Am Telefon ein unzufriedener Kunde mit Sonderwünschen. Dann auch noch anstrengende Diskussionen mit dem Chef und Kollegen. Nerven und Blutdruck sind am Limit. Egal, ob man es Stress, Druck oder innere Anspannung nennt – jeder kennt solche Situationen. Um Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu erhalten, braucht es die Fähigkeit, trotz aller Widrigkeiten Entspannung zu finden. Der Beitrag zeigt einfach zu erlernende Atemtechniken, die dich wieder locker und leistungsfähig machen!
Inhalt
Was die Atmung mit Stress und Anspannung zu tun hat
In Situationen, die man als besonders herausfordernd wahrnimmt, tendiert man zu schnellerer Atmung. Dabei ist zwischen der sogenannten Bauchatmung (Zwerchfellatmung) und der Brustatmung zu unterscheiden. Während die Bauchatmung in ruhig-entspannten Situationen normal ist, wird bei Anspannung auf die Brustatmung „umgeschaltet“.
Evolutionäre Altlasten
Aus evolutionärer Sicht macht das durchaus Sinn. Anspannung und Stress bedeuteten über viele tausend Jahre, dass eine Gefahr für Leib und Leben vorlag. Da man mit der Brustatmung deutlich schneller (und ein größeres Volumen) atmen kann, war man so für Gefahren wie hungrige Säbelzahntiger – Kampf oder Flucht brauchen nun mal jede Menge Sauerstoff – gewappnet.
Auch heute – ganz ohne wilde Tiere und Faustkeilkämpfe – wird dieses evolutionäre Schutzprogramm aktiviert. In jeder stressigen Situation kann das passieren – mit negativen Auswirkungen.
Wenn ich tatsächlich volle körperliche Leistungsfähigkeit brauche, ist die Brustatmung hilfreich. Schließlich benötige ich reichlich Sauerstoff, um die Muskulatur zu versorgen. Jeder, der intensiv Sport betreibt, kennt das. Wenn es sich aber um eine Situation handelt, in der so große Mengen Sauerstoff überhaupt nicht benötigt werden, beginnen die Probleme.
Problematisches Notprogramm der Evolution
Eine mündliche Prüfung, das unangenehme Gespräch mit dem Chef – Anspannung oder sogar extremer Stress sind in solchen Situationen nicht ungewöhnlich. Beschleunigt sich nun die Atmung und es wird zudem auf Brustatmung umgestellt, kommt es zu einem Sauerstoffüberschuss, der zu einer Erhöhung der Säurewerte im Blut führt.
Man nennt diesen Zustand Hyperventilation. Sie hat den problematischen Nebeneffekt, dass man das Gefühl hat, zu wenig Luft zu bekommen. Folglich atmet man noch schneller. Der Herzschlag erhöht sich und die Muskulatur wird stärker angespannt. Im ungünstigsten Fall kommt Panik auf.
Ganz klar: Für die Herausforderungen in der Moderne braucht es eher einen kühlen Kopf als Herzrasen und Schnappatmung. Aber es gibt leicht zu erlernende Gegenmaßnahmen: entspannende Atemtechniken.
Atemtechniken:
Entspannung auf die schnelle Tour
In den meisten Fällen merkt man überhaupt nicht, wie sich in stressigen Situationen die Atmung verändert. Erst die Symptome spürt man immer intensiver: Das Herz schlägt schneller und schneller, man fühlt sich zunehmend verkrampft. Wer sich allerdings der eigentlichen Ursache bewusst ist, kann wirkungsvolle Gegenmaßnahmen einleiten.
Kontrolle der Atmung gegen Stress
Man kann sich zwar nicht dazu entscheiden, komplett auf das Atmen zu verzichten. Trotzdem ist es möglich, die Atmung in nicht unerheblichem Umfang zu kontrollieren. Wie bereits erläutert, steigen Anspannung und Stress durch Hyperventilation.
Alle Atemtechniken zielen deshalb darauf ab, den Teufelskreis aus schneller Brustatmung und steigender Anspannung aufzubrechen:
- Die Atmung soll langsamer werden
- Das Ausatmen soll, im Verhältnis zum Einatmen, verlängert werden
- Statt Brust- soll Bauchatmung stattfinden
- Längere Pausen zwischen den Atemzügen sollen realisiert werden
Es gibt mehrere Techniken, die genau diese Auswirkungen auf die Atmung bewirken sollen. Man könnte natürlich auch einfach versuchen, die genannten Punkte in allen Situationen, die man als stressig wahrnimmt, zu beherzigen. Die vorgestellten Techniken stellen jedoch hilfreiche Routinen dar – man übt sie einige Male und kann sie dann auch in sehr angespannten Situationen abrufen ohne nachdenken zu müssen.
Atemtechniken die Erste:
Verzögertes Einatmen
- Man konzentriert sich auf die Atmung und atmet ganz normal zwei bis drei Atemzüge.
- Dann verzögert man bewusst nach dem Ausatmen das nächste Einatmen um drei bis vier Sekunden.
- Es kann hilfreich sein, dabei in Gedanken zu zählen.
(21 – 22 – 23 – 24) - Die Konzentration liegt in erster Linie auf dem Ausatmen und der darauf folgenden Pause. In dieser ist die Entspannung besonders hoch.
Es kann hilfreich sein, mit etwas kürzeren Pausen zwischen den Atemzügen anzufangen. Man sollte sich dabei auf jeden Fall wohlfühlen und nicht blau anlaufen 😉
Atemtechniken die Zweite:
Verlängertes Ausatmen
- Bei dieser Technik liegt die Konzentration auf dem Ausatmen.
- Es wird bewusst so tief wie nur möglich ausgeatmet.
- In der abschließenden Phase des Ausatmens presst man (gefühlt) die ganze verbliebene Luft aus dem Bauchraum. Dabei wird die Bauchdecke bewusst eingezogen.
- Das folgende Einatmen wird dann entsprechend auch tiefer ausfallen, was eine verlangsamte und vertiefte Atmung bewirkt.
- Auch hier liegt die Konzentration auf dem Ausatmen; dass Einatmen erfolgt automatisch.
Atemtechniken die Dritte:
Zählen beim Ein- und Ausatmen
- Es wird durch die Nase eingeatmet. Allerdings wird hier schon darauf geachtet, dass man langsam und tief einatmet. Das erreicht man dadurch, dass man in Gedanken bis vier zählt.
- Beim Ausatmen versucht man dann bis acht zu zählen.
- Man kann sich auch bei dieser Technik nach und nach an höhere Werte herantasten. Vielleicht fängt man zum Einstieg mit einem Verhältnis von drei (einatmen) zu sechs (ausatmen) an, um schließlich bei fünf zu zehn anzukommen.
Noch mal zusammengefasst: Alle vorgestellten Techniken sollen dazu führen, dass die Atmung verlangsamt wird, die Ausatemphase länger als die Einatemphase dauert und Bauchatmung statt Brustatmung praktiziert wird.
Wichtig ist, dass man die Techniken nicht erst dann einsetzt, wen „die Luft brennt“ – vielmehr sollte man sie auch in Situationen mit keiner oder nur geringen Anspannung einüben.
Für den Ernstfall hat man dann eine wirksame Waffe gegen Stress zur Hand. Auch in Erholungspausen können Atemtechniken dabei helfen, schneller zu entspannen und den größten Nutzen (auch aus kurzen) Pausen zu ziehen. Viel Erfolg dabei!
PS: Wer mehr zum Thema Atmung und deren Auswirkung auf die Willenskraft erfahren möchte, sollte sich diesen Beitrag anschauen: Die Fünf-Minuten-Atemmeditation für mehr Willenskraft